Warum Russland die Zensur ausbauen will
In die russische Duma wurde diese Woche ein Gesetzentwurf eingebracht, der die Herabwürdigung des Staats und seiner Repräsentanten sowie die bewusste Verbreitung von gesellschaftlich relevanten Fake News unter Strafe stellen soll. Welche Ziele die Regierung mit diesem Gesetz erreichen will, beschäftigt russische Kommentatoren.
Gelbwesten machen Putin nervös
Radio Kommersant FM erkennt gute Gründe für das Maßnahmenpaket:
„Die Pariser Unruhen blieben bei Russlands Staatsmacht nicht unbemerkt. Ein erstes Signal gab letzte Woche die TV-Sendung 'Wochennachrichten', wo die Gelbwesten-Proteste dargestellt wurden als Farbrevolution, die ihren Ursprung in den USA hat. ... Die französischen Proteste machen nervös, denn unweigerlich werden manche Leute Parallelen ziehen. Und genau das soll verhindert werden. Zumal an Neujahr die Mehrwertsteuererhöhung in Kraft tritt und unklar ist, ob die Benzinpreise stabil bleiben. Vor diesem Hintergrund schadet die nächste Portion Protest-Prophylaxe nicht.“
Praktisches Instrument zur Unterdrückung
Wedomosti sieht in dem Gesetzentwurf eine scharfe Waffe gegen die Presse- und Meinungsfreiheit:
„Die Gesetzesänderung kann ein praktisches Instrument zur Unterdrückung unabhängiger Publikationen und Rechercheure werden. ... Die Möglichkeit der Bestrafung aufgrund einer der Staatsmacht unangenehmen Aussage verstößt grob gegen die europäischen Normen der Meinungsfreiheit. … Unklar ist, wie man eine anständige von einer unanständigen Meinung unterscheidet, das muss dann eine Expertise klären. Der Vorschlag allein unterstreicht schon das Begehren der Staatsmacht, ein System aufzubauen, in dem eine Sekte von 'Staatsgläubigen' dafür sorgt, dass jede Kränkung ihrer Gefühle gesetzlich geahndet wird.“