Regierungskrise in Athen wegen Mazedonien-Streit
In Griechenland ist Verteidigungsminister Panos Kammenos aus Protest gegen die Einigung im Namensstreit mit Nachbarland Mazedonien zurückgetreten. Weil Kammenos zudem Chef des Junior-Koalitionspartners Anel ist, hat Premier Alexis Tsipras nun eine Vertrauensabstimmung angesetzt, um bis zu den Wahlen im Herbst weiterregieren zu können. Über das Abkommen zum Namensstreit soll das Parlament noch im Januar entscheiden.
Tsipras hat Europas Dank verdient
Die Tageszeitung Die Welt zeigt sich beeindruckt von Tsipras' Entschlossenheit, den Namensstreit mit den Nachbarn zu beenden:
„Tsipras steht nun wohl vor einer Vertrauensabstimmung, für die ihm aus heutiger Sicht die Mehrheit fehlt. Neuwahlen folgen ohnehin in diesem Jahr. In den Umfragen aber rangiert Tsipras' Syriza-Partei deutlich hinter der konservativen Neo Demokratia. Mit einiger Sicherheit wird er in diesem Jahr also sein Amt verlieren. Europas Politiker, die Tsipras oft wegen seiner Reformunwilligkeit verwünscht haben, sollten in dieser Frage Respekt, wenn nicht sogar Dankbarkeit für den Griechen empfinden. Denn weil er mit dem Kompromiss in Europa für Ausgleich und Frieden sorgen will, opfert er mit einiger Sicherheit sein Amt.“
Versöhnung darf nicht scheitern
Auch der Tages-Anzeiger lobt den Mut des griechischen Premiers:
„Er will das Prespa-Abkommen ... aber [bevor seine Partei Neuwahlen verliert] noch durchs Parlament bringen – nach einer Vertrauensabstimmung über seine Regierung am kommenden Mittwoch. Für beides hat sich der Premier hinter den Kulissen wohl bereits eine hauchdünne Mehrheit gesichert. Andernfalls, so hat Tsipras schon gewarnt, werde sein Land international zur Lachnummer. Da dürfte er Recht haben. Scheitert der Deal, scheitert ein wichtiges Versöhnungswerk, es wäre ein grandioser Fehler. Diese Bürde müsste dann auch die grosse konservative griechische Oppositionspartei Nea Dimokratia tragen, die lieber die nächsten Wahlen gewinnen will, als Tsipras die Hand für einen historischen Kompromiss zu reichen.“
Nur Neuwahl kann Probleme lösen
Allein eine homogene Regierung mit einer soliden Mehrheit wird Bestand haben, findet Naftemporiki und fordert deshalb Neuwahlen:
„Ein politisches Paradoxon ist zu Ende gegangen. Die Koexistenz einer Linkspartei in derselben Regierung mit einer Partei der konservativsten Version der Rechten. … Die Auflösung dieser besonderen Regierung bedeutet aber noch nicht die Lösung des politischen Problems im Land. … Griechenland steht vor großen Problemen, sowohl im Inland als auch in Beziehung mit dem Ausland, und keine Regierung, die auf der Summe einzelner heterogener Abgeordneter basiert, kann diese lösen. Das Problem des Landes ist kein konstitutionelles. ... In Demokratien werden derartige politische Probleme mit Wahlen gelöst.“