Eine weitere Revolution ist nicht in Sicht
Die Bevölkerung des Iran ist 40 Jahre nach der Revolution kampfesmüde, attestiert der Iran-Experte Adnan Tabatabai in Der Standard:
„Sie wird zermürbt zwischen ihrer uneinsichtigen Führung und einer fehlgeleiteten Zwangsdiplomatie aus dem Westen. Längst scheint sich eine Tendenz der Apolitisierung zu etablieren. Aus ihr wird kein neuer Aufstand entstehen. Zu sehr fürchtet man Chaos und Unruhe. Längst werden Ansprüche runtergeschraubt. Statt über Reformen und einen Prozess der politischen Liberalisierung zu sinnieren, zählt für mehr und mehr der Iraner*innen nur noch wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit. Dieser Aufgabe wird die Islamische Republik gewachsen sein. Denn sie blickt zurück auf 40 Jahre, in denen sie das Land stabil halten und wirtschaftliches Überleben sichern konnte.“
Sehnsucht nach Freiheit ungebrochen
Wonach sich die Iraner sehnen, glaubt Laurent Joffrin, Chefredakteur von Libération, zu wissen:
„Hinter geschlossenen Türen nutzt ein großer Teil der Bevölkerung seine Alltagsgelegenheiten, um sich über die dunklen Vorschriften des fundamentalistischen Schiitentums hinwegzusetzen. ... Diese gelebte Widersprüchlichkeit ändert jedoch am allgemeinen Befund nichts. ... Nach der Befreiung vom westlichen Einfluss und der 'modernistischen' Diktatur des Schahs stecken die Iraner in einer Zwickmühle und leben unter einer totalitären islamischen Fuchtel, derer sie sich ganz offenbar entledigen wollen. ... In diesem Lügenreich wird die Freiheit auf Sparflamme gehalten. Sollte das Regime wagen, wirklich freie Wahlen auszurichten, werden wir erleben, wie schnell der Eifer für die Freiheit wieder aufflammt.“
Wichtiger kultureller Beitrag
Trotz aller Kritik am Regime hat sich im Iran vieles zum Guten entwickelt, analysiert das liberale Oppositionsportal T24:
„In 40 Jahren ist die Alphabetisierungsrate von 35 auf 84 Prozent gestiegen. Während 1976 nur 25 von 1.000 Frauen auf eine Universität gingen, ist diese Zahl heute auf 173 gestiegen. ... Während 1980 nur 5,2 Prozent der am Berufsleben beteiligten Frauen einen Schulabschluss hatten, waren es 2016 bereits 46,9 Prozent. ... Der Iran trägt mit seiner Literatur, seinen Intellektuellen, seinen Regisseuren weltweit viel zur Kultur bei. Und dank der Aufgeklärtheit der Gesellschaft stößt das dunkle Gesicht des Regimes [im Ausland] nicht auf so viel Gegenreaktionen wie im Fall Saudi-Arabiens.“