Kippt der EuGH die deutsche PKW-Maut zu Recht?
Der EuGH gibt einer Klage Österreichs gegen die Pkw-Maut in Deutschland statt - die damit gegen EU-Recht verstößt. Die geplante Abgabe sei gegenüber Fahrzeughaltern aus dem Ausland diskriminierend, weil deutsche Fahrzeughalter über die KfZ-Steuer entlastet werden sollen, entschieden die Luxemburger Richter. In Europas Presse stoßen sie damit auf viel Zustimmung.
Keine Extrawurst für große Länder
Die deutsche Maut hat das Ende verdient, freut sich die Neue Zürcher Zeitung:
„Das Urteil ist eine Blamage für die CSU und die große Koalition, die dieses Projekt durchgeboxt hat, obwohl es von Anfang an eine bayrische Zwängerei war und Aufwand und Ertrag in keinem sinnvollen Verhältnis standen. Wichtig ist der Richterspruch aber besonders aus zwei Gründen: Er zeigt, dass der Gerichtshof nicht jede Schlaumeierei durchgehen lässt, die angeblich formaljuristisch gerade noch so passt. Die Judikative zeigt hier der Exekutive für einmal die Zähne. Und zweitens können auch große Länder wie Deutschland nicht damit rechnen, dass man bei ihnen stets beide Augen zudrückt, wenn sie das Unionsrecht so unverschämt ritzen wie jetzt im Fall der Maut.“
Ein Stoppschild für Diskriminierer
Dass Österreich keinen Grund zur Häme anlässlich des Urteils hat, bemerkt der Kurier:
„Nicht nur wir Österreicher dürfen ... dankbar sein, dass der Gerichtshof in Luxemburg genau hingesehen und ein Stoppschild aufgestellt hat. Für die bayerische CSU ist das Urteil eine schwere Schlappe. In einem Wahlkampf hat sie die umstrittenen Mautpläne nach dem Motto 'Deutsche zuerst' geboren. Vor Häme sei dennoch gewarnt: Auch Österreichs türkis-blaue Regierung hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Anti-Diskriminierungstest erst noch bestehen muss: die Kindergeld-Indexierung [Zahlungen werden reduziert, wenn die Kinder nicht in Österreich leben]. Eine Klage vor dem EuGH, so hört man in Brüssel, steht unmittelbar bevor.“
AfD wird gegen das Urteil wettern
Zwiegespalten reagiert Lidové noviny auf das Urteil des EuGH:
„Deutschland setzt nicht alles durch, was es gern durchsetzen möchte. Auch nicht, dass auf den dortigen Autobahnen alle zahlen, die deutschen Autofahrer ihren Mautbeitrag aber zurückgezahlt bekommen. Das Urteil wird freilich den Radikalen in die Karten spielen. Die AfD kann jetzt noch lauter tönen, ein nicht gewähltes EU-Organ walze die Entscheidung eines souveränen Staates nieder. Und die Vorstellung, dass die Grünen von Schritten ablassen, die den Autofahrern das Leben komplizierter machen, stammt aus dem Reich der Träume. Dennoch gilt, dass die letzte Bastion der Autobahnfreiheit in Europa, dieses Symbol des deutschen Liberalismus, noch eine Weile überleben wird.“