Griechenland-Wahl: Kann Nea Dimokratia es richten?
Mit der vorgezogenen Neuwahl am Sonntag steuert Griechenland auf einen Machtwechsel zu. Kyriakos Mitsotakis' konservative Nea Dimokratia kommt in Umfragen auf bis zu 38 Prozent, während Tsipras' Syriza auf bis zu 24 Prozent abrutscht. Obwohl Nea Dimokratia als maßgeblich für die Krise des Landes verantwortlich gilt, setzen ihre Wähler wie auch ein Teil der Kommentatoren große Hoffnungen in sie.
Moderater Reformer ist die Chance
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung setzt große Hoffnungen in den Kandidaten von Nea Demokratia:
„Kyriakos Mitsotakis ist ein ernsthafter und gleichzeitig moderater Reformer, der alles tun will, damit Griechenland die verlorenen Wachstumsmöglichkeiten zurückgewinnt. Diese Perspektive klingt glaubhaft. Mitsotakis gehört nicht dem verschwenderischen, an Klientelpolitik orientierten Teil der konservativen Nea Dimokratia an, der von 2004 bis 2009 regierte und mit verantwortungsloser Haushaltspolitik das Land in Richtung wirtschaftlicher Katastrophe steuerte. ... Um seine Anhänger bei der Stange zu halten, muss er bald mit Steuersenkungen beginnen, ohne dass es dafür schon finanziellen Spielraum gibt. Nach dem erwarteten Wahlsieg hat er daher nicht viel Zeit, um mit wenig kostenträchtigen Reformen nachhaltiges Wachstum zu erzeugen. Das ist Griechenlands Chance.“
Das Land braucht keinen Weihnachtsmann
Dass Mitsotakis zu große Hoffnungen schürt, glaubt Kathimerini:
„Wie ein Mittsommer-Weihnachtsmann hat der Chef von Nea Dimokratia versprochen, die Steuern zu senken, niemanden zu entlassen und keine Leistungen zu kürzen. Er bringt nur gute Botschaften: Griechenland wird es nach seinem Sieg einfach besser gehen, es wird rasch massive Investitionen geben, Ausländer werden ihr Geld in das neue Eldorado bringen und das Wachstum in einem ähnlichen Tempo wie in China ausbauen. Dies ist eine der größten Herausforderungen, mit der Mitsotakis nach den Wahlen konfrontiert sein wird: die großen Erwartungen der Wähler an eine Regierung von Nea Dimokratia, kombiniert mit der Wut der Bevölkerung über die miserable Regierung von Syriza. Je eher es ihm gelingt, die Griechen mit der harten Realität in Einklang zu bringen, desto weniger Probleme wird seine Regierung haben.“
Tsipras hat schon aufgegeben
Für die Griechenland-Korrespondentin von Trud, Bojka Atanassowa, ist schon vor der Wahl die Spannung raus:
„Alle Umfragen bekräftigen nur, dass Syriza den Rückstand von neun Prozent auf Nea Dimokratia nicht mehr aufholen kann. Im Gegenteil, es ist nicht ausgeschlossen, dass Nea Dimokratia ihren Vorsprung noch ausbaut. Kyriakos Mitsotakis gibt sich bereits als Premierminister, während Alexis Tsipras sichtbar seinen Kampfgeist verloren hat und in die traurige Rolle eines Oppositionsführers geschlüpft ist. Die einzige Frage, die sich noch stellt, ist, ob Mitsotakis genug Sitze bekommt, um allein zu regieren, oder er sich eine kleinere Partei als Koalitionspartner suchen muss.“
Reiche hängen ihr Fähnchen nach dem Wind
Die obere Mittelschicht ist der Schlüssel zum Erfolg bei der Parlamentswahl, erklärt der Politologe Stephanos Konstantinidis in Phileleftheros:
„Syriza hat die Mittelschicht verloren, die stark von den Sparpaketen betroffen war. Die Partei wird die Wahl verlieren, es sei denn, diese Wähler ändern in letzter Minute ihre Meinung. Ebenso hat Syriza auch einige Bürgerliche verloren, die mit der Partei geflirtet hatten, um von deren Macht zu profitieren. Die soziale Basis von Syriza ist die ärmere arbeitende Klasse, schlecht bezahlte Arbeitnehmer im öffentlichen und privaten Sektor, die Arbeiter und Rentner mit geringen Einkommen. Es ist zu erwarten, dass eine Regierung der Nea Dimokratia die wohlhabenderen Schichten bevorzugen wird und die weniger privilegierten weiter an den Rand gedrängt werden.“
Endlich übernehmen wieder die Konservativen
Über die wahrscheinliche Rückkehr der Konservativen in die Regierung freut sich Le Point:
„Nichts ist besser als die internationale Elite, um ein Land gut zu regieren. Die Griechen entdecken diese Wahrheit vier Jahre nachdem sie ihr Schicksal dem Sozialpopulisten Alexis Tsipras anvertraut haben. Wenn die griechischen Konservativen am 7. Juli dank der Wahl an die Macht kommen, - und alles scheint darauf hin zu deuten - wäre es das erste Mal, dass ein von Populisten regiertes Land der EU zurückkehrt unter die Führung einer traditionellen Regierungspartei. ... Um Löhne und Pensionen anzuheben reicht das Geschrei einer populistischen Regierung nicht. Man braucht dafür eine gesunde Wirtschaft, die Reichtum schafft und ihn verteilt. Mitsotakis und seine Partei sind dafür die Besten.“