Was bezweckt Trump mit seiner Grönland-Offerte?
US-Präsident Trump hat das Interesse der USA an einem Erwerb Grönlands bekundet. Die partiell souveräne Polarinsel untersteht der dänischen Krone und wird von Dänemark subventioniert. Dänemarks Regierungschefin Mette Frederiksen sagte: "Ich hoffe inständig, dass dies nicht ernst gemeint ist." Kommentatoren versuchen, Trumps Vorstoß zu entlarven.
Grönländer verkaufen sich nicht
Die Tageszeitung Die Welt glaubt nicht, dass etwas aus dem Geschäft wird:
„Trump unterschätzt die 56.000 Grönländer, wenn er denkt, er könne die mit einer Banküberweisung zu Amerikanern machen. Jahrzehntelang kämpfte das Volk um die Unabhängigkeit von Dänemark und rang Kopenhagen immer mehr Autonomie ab. Die Entwicklungschancen, die in den Rohstoffen und im Tourismus schlummern, können sie schon selbst ergreifen. Ein Gegenangebot, etwa den Tausch Florida gegen Grönland, gaben sie bislang nicht ab. Stattdessen antwortet die grönländische Regierung über Trumps Lieblingsmedium Twitter: 'Wir sind offen für Geschäfte, stehen aber nicht zum Verkauf.' Dabei wird es wohl bleiben.“
Trump sollte lieber wieder mit Häusern handeln
Donald Trump ist eben ein Immobilienhändler geblieben, konstatiert Gábor Horváth, Chefredakteur von Népszava:
„[Der Vorstoß] zeigt nicht nur seine vollkommene Ahnungslosigkeit, was politische und historische Zusammenhänge angeht, sondern deutet zudem darauf hin, dass er auch als Präsident ein Immobilienmakler geblieben ist. Es ist kein Zufall, dass seine Söhne unentwegt auf der Suche nach geschäftlichen Möglichkeiten die Welt bereisen: Man muss solange Geld machen, wie der Papa an der Macht ist, denn danach wird es schwieriger. Die Welt könnte ein besserer Ort sein, wenn Donald Trump seine politische Laufbahn beenden und wieder seine gesamte Zeit den Familienprojekten widmen würde. Nicht nur die 56.000 Grönländer würden erleichtert aufatmen.“
Massenmanipulation auf höchstem Niveau
Die Webseite MBK media des im Exil lebenden Ex-Oligarchen Michail Chodorkowski hält Trumps Verlautbarungen für PR:
„Trump hat den Wahlkampf 2020 eröffnet und auf originelle Art all seinen Kritikern und Skeptikern geantwortet. Sollen sie doch über ungerechte Einkommensverteilung oder Minderheitenrechte blöken, sollen sie sich doch über seine intellektuellen Fähigkeiten lustig machen und mit Kriegs- und Katastrophenszenarien Angst verbreiten - er redet nicht davon. Auf der Tagesordnung steht jetzt eine Frage: Kriegen wir Grönland oder nicht? Wie kann einer US-Präsident werden, der dem Durchschnittsamerikaner diesen großen Traum verwehrt! Grönlands Eis verwandelt sich in Freudentränen der republikanischen Wählerschaft. Trumps Team hebt damit die polittechnologische Akrobatik und Manipulation des Massenbewusstseins auf eine in der westlichen Welt noch nie da gewesene Ebene.“
Nicht die dümmste Idee
Aus Sicht von Polityka ergibt Trumps Idee durchaus Sinn:
„Grönland verfügt immer noch über enorme natürliche Ressourcen: Eisen-, Zink-, Gold-, Diamant-, Uran- und Ölvorkommen. Die Gewinnung wird durch die Eisdecke behindert, die infolge der globalen Erwärmung schmilzt, sodass die Förderung bald einfacher sein wird. Dies ermutigte Trump höchstwahrscheinlich dazu, den alten Vorschlag, Grönland Dänemark abzukaufen, zu übernehmen. Das bedeutet nicht, dass dabei geopolitische Erwägungen keine Rolle spielten. Russland drängt zunehmend in die Arktis, und eine vollständige Kontrolle über Grönland ermöglicht es den Vereinigten Staaten, dort mehr Truppen einzusetzen. Das könnte verhindern, dass Russland, vielleicht gemeinsam mit China, die Kontrolle über die nördlichen Schifffahrtsrouten an sich reißt.“
Weit mehr als eine Lachnummer
Ostasien-Spezialist Wassili Golowin glaubt, dass Trump mit seinem Vorstoß China zuvorkommen will, das Grönland mit günstigen Investitionen umwirbt. In einem von Echo Moskwy übernommenen Facebook-Post schreibt er:
„Über Infrastrukturprojekte hat China seinen Einfluss auf eine Reihe strategisch wichtiger Länder Asiens wie Myanmar oder Sri Lanka schrittweise erhöht. Und auf die gleiche Weise setzt es sich jetzt im Mittelmeerraum fest, in Griechenland und sogar in Italien. Grönland hat, vorsichtig formuliert, keine geringere strategische Bedeutung: Es grenzt an die USA und Kanada, hat riesige Vorräte an nützlichen Rohstoffen und bietet Zugang zu den arktischen Verkehrswegen. Zudem reichen Dänemarks finanzielle Möglichkeiten eindeutig nicht für die Erschließung dieser sehr verlockenden Ressourcen aus. Trumps Idee, Grönland zu kaufen, ist deshalb wohl mehr als nur eine Lachnummer.“
Vielleicht reicht es für einen neuen Trump Tower
Ob Trumps Rechnung aufgeht, bezweifelt Kathimerini:
„Es ist nicht erwiesen, dass sich die Erwartungen an fabelhafte Gewinne aus Kohlenwasserstoffen, seltenen Erden, Uran und anderem Reichtum, die unter dem Land- und Meereis der Insel verborgen sind, erfüllen. Ohne sie müsste er ein Vermögen zahlen, um das grönländische Defizitbudget zu unterstützen (mehr als 500 Millionen Dollar pro Jahr). Das Beste, auf das er hoffen kann, ist ein Trump Tower in der Hauptstadt Nuuk. Bleibt abzuwarten, wie er dort Besuche von ausländischen Delegationen organisieren will. Es hat sich allerdings etwas Positives aus dieser Geschichte ergeben: Trump wird im kommenden Monat zum ersten Mal als Präsident nach Kopenhagen reisen. Dieses spezifische Thema ist perfekt, um das Eis zu brechen.“