Abschiebepolitik: Straßburg verurteilt Finnland
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat Finnland wegen der Abschiebung eines Irakers verurteilt, der kurz nach seiner Rückkehr 2017 erschossen wurde. Der Familie des Mannes steht eine Entschädigung von 20.000 Euro zu. Aufgrund des Urteils wurden Abschiebungen in den Irak nun vorübergehend ausgesetzt. Finnlands Kommentatoren zeigen sich erfreut über das Urteil.
Gefährdeten muss Schutz gewährt werden
Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Getötete kein Asyl bekommen hat, beklagt Kaleva:
„Die Ausländerbehörde hat die Geschichte des Irakers und die Mordversuche für glaubwürdig gehalten, aber sowohl die Behörde als auch später das Verwaltungsgericht haben die Lebensgefahr, in der sich der Mann befand, nicht wirklich erkannt. … Man kann durchaus fragen, wer denn Asyl bekommen soll, wenn nicht einmal Antragsteller wie dieser Iraker es bekommen. Asylbewerber werden schnell als Glücksritter bezeichnet. Der Fall des Irakers zeigt, dass es unter den Bewerbern Menschen gibt, die wirklich um ihr Leben fürchten. Genau jene Menschen sind zu identifizieren, und sie müssen Asyl erhalten. In diesem Fall hat Finnland darin versagt, Schutz zu gewähren.“
Verspätete Erschütterung
Versuche, das Recht auf Asyl einzuschränken, müssen im Ansatz verhindert werden, verlangt Karjalainen:
„Es entsteht der Eindruck, dass erst das Urteil des EGMR, das zweifellos ein heftiger Schlag für das Ansehen des finnischen Rechtssystems ist, Erschütterung auslöst. Die Nachricht vom Tod des Mannes im Vorjahr erregte sehr viel weniger Aufsehen. Am Tag der Veröffentlichung des EGMR-Urteils legten die [oppositionellen rechtspopulistischen] 'Finnen' ihren Schattenhaushalt vor, in dem sie der Einwanderung aus humanitären Gründen vollständig den Riegel vorschieben wollen. In diese Richtung darf man sich auf keinen Fall bewegen. Im Gegenteil: Die Rechte der Asylbewerber müssen gewährleistet werden.“