China sichert sich Einfluss in Europa
China ist laut dem Global Diplomacy Index 2019 des australischen Lowy Institute die weltweit größte diplomatische Macht. Dass Peking nicht nur wirtschaftlich, sondern auch geopolitisch mitmischt, bekommt Europa mehr und mehr zu spüren; unter anderem durch den Bau der "Neuen Seidenstraße". Wie soll der Kontinent damit umgehen?
Mit Kredit-Diplomatie die Welt erobern
Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing warnt vor einem neuen Kolonialismus:
„Erst kamen sie, um Öl, Gold und Holz zu holen und politische Unterstützung für chinesische Interessen. ... Dann kamen ihre Leute. Tausende zugleich flogen nach Afrika und Südamerika, um Wege anzulegen und Brücken zu bauen. ... Dann pumpten sie die neuen Kolonien voller Kredite und bauten Botschaften wie Kathedralen. Und verbreiteten erwünschte Ansichten. ... Durch die Kredit-Diplomatie wird die Welt jeden Tag ein bisschen chinesischer. Wie früher, in der Blütezeit des westlichen Kolonialismus, als die überseeischen Kolonien europäische Häuser bekamen und französische Mode. ... Europa ist das Freiluftmuseum für Asiaten geworden. ... Glasglocke drüber und fertig – während die großen Jungens die Welt neu verteilen.“
EU braucht eigenes visionäres Projekt
Statt China das Feld zu überlassen, sollte Europa viel mehr als bisher in den Ausbau der eigenen Infrastruktur investieren, fordert Financial Times:
„Dass sich Peking trotz relativ niedriger finanzieller Zuwendungen über großes Interesse [an seinem Projekt einer 'Neuen Seidenstraße'] freuen kann, hat folgenden Grund: Das Angebot der EU ist so dürftig, dass es China attraktiv erscheinen lässt. Auch haben die europäischen Staats- und Regierungschefs keine politische Vision vorgestellt, die den Versprechungen der 'Neuen Seidenstraße', Märkte besser zu vernetzen, Konkurrenz machen könnte. Wenn Europa seinen Wunsch nach strategischer Autonomie ernst nimmt, muss sich das ändern.“