Wie weiter nach Rücktritt des finnischen Premiers?
Finnlands sozialdemokratischer Premier Antti Rinne ist am Dienstag zurückgetreten. Sein Regierungspartner, die Zentrumspartei, hatte ihm wegen des Streits um die Bezahlung von Postmitarbeitern das Vertrauen entzogen. Nun wird nach einem Nachfolger gesucht, der die Koalition weiterführt. Medien diskutieren, welche Änderungen dadurch zu erwarten sind.
Finnen erwartet alter Wein in neuen Schläuchen
Äripäev ist sicher, dass sich nach dem Rücktritt des Regierungschefs nicht viel ändert:
„Finnland könnte schon bis Weihnachten einen neuen Premier bekommen. Im Großen und Ganzen wird sich wenig ändern - die Partei des Premiers, seine Botschaft und sein Programm bleiben dieselben. Neu werden nur das Gesicht, die Rhetorik und vielleicht das Geschlecht sein. ... Beide Parteien wollen zusammen weiter regieren. Beide haben so niedrige Zustimmungsraten, dass keine von ihnen vorzeitige Wahlen möchte. Aus diesen würden die Rechtsradikalen als Sieger hervorgehen, die gerade haushoch in den Umfragen führen.“
Ein Vorbild für Schwedens Sozialdemokraten
Nach Rinnes Rücktritt herrscht bei Schwedens Medien weitgehend Bewunderung. Sein sozialdemokratischer Kollege in Stockholm könnte von ihm lernen, findet Aftonbladet:
„Rinne geht, um seine Regierung zu retten. Das ist wohl das sozialdemokratischste, was er hat tun können. Finnlands Regierung versucht seit Amtsantritt eine expansivere Sozialpolitik zu führen als die bürgerlichen Vorgänger. ... Auch wenn es Privatisierungsvorhaben im öffentlichen Sektor gibt, ist die prinzipielle Ambition gut. Damit das hält, muss der Amtswechsel ohne Nebenwirkungen ablaufen. ... Die finnischen Sozialdemokraten müssen sich besser auf die Gewerkschaften und ihre Vertreter einstellen. Das könnte auch eine Lehre für Stefan Löfven vor kommenden Regierungsverhandlungen über Anstellungsregeln und Anstellungsschutz sein.“
Kann sich die Koalition wieder zusammenraufen?
Diese Regierungskrise wird tiefe Spuren hinterlassen, fürchtet Kainuun Sanomat:
„Diese Episode wird sicherlich nicht so schnell vergessen werden. Auch wenn Rinne versicherte, dass die Wunden rasch heilen, sind Zweifel angebracht. … Es ist für die künftige Zusammenarbeit in der Regierung nicht gut, wenn eine Regierungspartei den Minister einer anderen Partei, ganz zu schweigen vom Premier, zum Rücktritt zwingt. Die künftige Regierung steht vor großen Herausforderungen im Hinblick auf die Beschäftigung, die Strukturen der Wohlfahrtsgesellschaft und den Kampf gegen den Klimawandel. Wie findet man hier eine gemeinsame Linie und wie viel Zeit und Energie wird künftig auf das Kräftemessen innerhalb der Regierung verwendet?“
Zurück an die Arbeit
Es wird Zeit, dass die Regierungsparteien sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe besinnen, fordert Ilta-Sanomat:
„Wäre es nun nicht an der Zeit, in der Politik voranzuschreiten? In der Aufregung der letzten Tage wurde nämlich vergessen, dass die Regierung auch nationale Angelegenheiten zu regeln hat. Die Wähler und Steuerzahler haben ein Recht darauf, zur Abwechslung auch mal gute politische Führung und Entscheidungen sowie die Erneuerung der Gesellschaft zu bekommen. Die endlosen Sandkastenspiele der Politiker haben wir jetzt lange genug mitangesehen.“
Medien treiben Politik vor sich her
Dagens Nyheter mokiert sich über die immer schnellere, immer "nähere" Berichterstattung:
„Die Regierungskrise macht deutlich, wie schnell der Nachrichtentag in der finnischen Politik geworden ist. Die Medien können schon die Folgen vorhersehen, noch bevor die Parteien ihre Krisensitzungen halten. ... Die Drehbuchschreiber sind ein Kollektiv aus Politikern und angespitzten Journalisten. Am Sonntag hielt Helsingin Sanomat die Spannung hoch, indem der Reporter im Minutentakt von der Straßenecke vor dem Sitz der Sozialdemokraten berichtete, wo diese tagten. Der Höhepunkt war erreicht, als die Lampe im Büro des Premiers ausgeschaltet wurde.“