Trump-Impeachment: Wird es gelingen?
Am Mittwoch haben die ersten Zeugen im Impeachment-Verfahren gegen Trump ausgesagt. Sie legten nahe, dass Trump die Ukraine tatsächlich dazu gedrängt habe, Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Biden und dessen Sohn aufzunehmen. Kommentatoren fragen sich, wie aussichtsreich das Verfahren angesichts der bisher bekannt gewordenen Details ist.
Unklare Strategie der Demokraten
Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump haben die Demokraten ihre Vorwürfe nicht ausreichend konkretisiert, meint Iwan Jakowyna in der Nowoje Wremja:
„Im Rahmen der Beziehungen zwischen Trump und der Ukraine hat Nancy Pelosi heute erstmals von 'Bestechungsversuch' gesprochen. Dies ist ein sehr wichtiges Ereignis, da die US-Verfassung nur 'Verrat' und 'Bestechung' als Grund für eine Amtsenthebung eines Präsidenten geltend macht. Man will Trump also mit dem Vorwurf von Bestechungsgeldern konfrontieren. Doch da gibt es ein Problem: Mir wurde aus Pelosis Erklärung nicht klar, wer wen bestochen haben soll: die Ukraine Trump mit dem Versprechen, Ermittlungen gegen Biden einzuleiten? Oder Trump die Ukraine mit dem Versprechen, militärische Hilfe freizugeben? Da müssen sich die Demokraten noch entscheiden.“
Schwachstelle der Anklage
Die bisher bekannt gewordenen Details offenbaren Unzulänglichkeiten im Vorgehen der Demokraten, meint De Volkskrant.
„Alles deutet darauf hin, dass Trump tatsächlich Biden mit Hilfe von Selenski zu Fall bringen wollte, zweifellos ein ernsthaftes Vergehen. Aber es geht darum, ob die Demokraten auch genügend Republikaner überzeugen können, dass dies Grund genug ist, um den Präsidenten abzusetzen. Was das betrifft, pochten die Republikaner am Mittwoch ständig auf eine Schwachstelle im Plädoyer der Demokraten. Vielleicht drohte Trump mit der 'Gegenleistung', aber am Ende bekam die Ukraine die versprochene militärische Hilfe doch, auch wenn die erwünschte Gegenleistung von Selenski ausblieb.“
Zeugnis für unberechenbare Außenpolitik
Die bisherigen Aussagen unterstreichen nach Ansicht von Sydsvenskan, wie die Außenpolitik der USA derzeit einzuschätzen ist:
„Wie die politischen Bedingungen in den Vereinigten Staaten derzeit aussehen, spricht sehr wenig dafür, dass Trump fallen wird. Das macht seine angeblichen Handlungen nicht weniger bemerkenswert. ... Offensichtlich kann Trump, ohne Vorwarnung oder Nato-Koordination treue Verbündete im Stich lassen. Es scheint nicht ganz unwahrscheinlich, dass er dem ukrainischen Militär Geld vorenthalten hat, um seiner Kampagne zur Wiederwahl Impulse zu geben. Auf jeden Fall zeigt die Untersuchung die Prinzipienlosigkeit und die Schwäche von Trumps Politik auf. Das sind wichtige Informationen für die Wähler der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr. “
Schauprozess zur Wählermobilisierung
Sowohl Demokraten als auch Republikaner sehen die öffentlichen Anhörungen zur Ukraine-Affäre als Chance, analysiert The Daily Telegraph:
„Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, hofft, dass die Affäre ausreicht, um die Wähler ihrer Partei zu überzeugen, sich an der Präsidentenwahl im Jahr 2020 zu beteiligen, anstatt wie 2016 den Urnen fernzubleiben, weil sie Hillary Clinton nicht mochten. Und wir dürfen nicht vergessen: Trump und die Republikaner haben sich schon seit Monaten eine Anhörung zum Amtsenthebungsverfahren gewünscht. Aus ihrer Sicht bestärkt es ihre Darstellung, dass das Washingtoner Establishment verzweifelt versucht, einen Staatsstreich zu orchestrieren. ... Wenn man zynisch sein will, könnte man sagen, dass beide Parteien die Chance sehen, ihre Sicht der Dinge im Fernsehen zu präsentieren, ohne für Werbeschaltungen bezahlen zu müssen.“
Trump wird Reality-Show zu nutzen wissen
Nichts symbolisiert die Spaltung der USA so sehr, wie die jetzt begonnenen Anhörungen, schreibt Pravda:
„Es ist davon auszugehen, dass Trumps Partei versuchen wird, die Anhörungen in eine schockierende Reality-Show zu verwandeln. Das ist ein Genre, in dem sich der Herrscher des Oval Office wie ein Fisch im Wasser fühlt. ... Die Amtsenthebung ist jedoch das logische Ergebnis des Verdachts, dass Trump die Ukraine dazu drängte, seinen politischen Gegner, den ehemaligen demokratischen Vizepräsidenten Joe Biden, zu beschmutzen. Dies geht aus den bisher veröffentlichten Aussagen mehrerer Vertreter der aktuellen US-Regierung deutlich hervor. ... Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass eine beträchtliche Anzahl von Demokraten vor dieser Affäre eher skeptisch gegenüber einer Amtsenthebung war. Auch die Demokraten wissen, dass eine Verfassungsklage die USA weiter spalten wird.“
Ein Geschenk für Mike Pence
Die Aussagen der Zeugen belasten hochrangige Republikaner, stärken aber vor allem die Position des Vizepräsidenten, meint De Morgen:
„Wenn noch mehr Beweise [aus Kreisen der Geheimdienste] kommen, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass republikanische Spitzenpolitiker sich gegen Trump wenden. Senatoren, die 2020 in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit demokratischen Herausforderern wiedergewählt werden müssen, werden gut nachdenken. ... Wenn aber jemand Trumps Position zurzeit tatsächlich in Gefahr bringen kann, dann ist es sein Vizepräsident und dessen Verbündete im Senat. ... Wenn Pence 2020 erneut mit Trump in den Wahlkampf zieht, wird er zweifellos seinen politischen Preis erhöhen, mit einem Quid pro Quo für mehr christliche politische Akzente in den kommenden vier Jahren. Wundert euch also nicht, wenn Trump in Kürze um Vergebung twittert statt zu schimpfen.“