Erdbeben in der Türkei: Mangelhafte Schutzvorkehrungen?
Die osttürkische Provinz Elazığ ist am Freitagabend von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mindestens 41 Menschen starben. Kommentatoren beschäftigen sich mit den offiziellen Reaktionen auf das Unglück, aber auch mit dem Vorwurf, die Regierung habe die Gelder aus einer eigens erhobenen Erdbebensteuer nicht ausreichend für Schutzmaßnahmen eingesetzt.
Regierung missachtet ihre Rechenschaftspflicht
Die Frage nach den Einnahmen aus der Erdbebensteuer ist mehr als berechtigt, wendet sich Cumhuriyet empört an die Machthaber:
„Das hier ist ein Volkstribunal. Bereits im Parlament wurden Ihnen dazu Fragen gestellt, und sie sind alle unbeantwortet geblieben. Ist es so schwer, hierauf eine Antwort zu geben? Nein. Sie sind dem Volk auf diese Frage eine Antwort schuldig. ... Wir wissen schon, Rechenschaft abzulegen ist Ihres Ruhmes niemals würdig. In Ihrer Regierung herrscht die Auffassung: Ihr habt uns gewählt und wir geben das Geld aus, wie es uns beliebt. Leider ist das Ihre Vorstellung von Demokratie. Transparenz? Fehlanzeige.“
In Krisensituationen geht es um Menschlichkeit
Die regierungstreue Sabah bewertet es als unmoralisch, inmitten der Katastrophe nach den Erdbebensteuern zu fragen:
„Ethik zeigt sich in Krisensituationen. ... Von außen gesehen sind diese Aufrührer, die unverzüglich nach dem Erdbeben lauthals nach dem Verleiben der Steuern fragen, genau solche Menschen, wie diejenigen, die für den Roten Halbmond spenden und [für die Opfer] beten. ... Aber nur dem Anblick nach. ... Das Erdbeben in Elazığ war eine schwere Prüfung, die gezeigt hat, wer über diese Schwelle kommt und wer zurückbleibt. “
Verantwortungsloses Abwiegeln
Habertürk ärgert sich, dass der Bürgermeister von Elazığ gleich im Anschluss an das Beben erklärt hatte, es gäbe keine Toten:
„Welcher verantwortungsbewusste Staatsmann würde eine derartige Lüge, die sich doch offensichtlich innerhalb einer Stunde auch als solche entpuppen wird und für die es außerdem keinen Anlass gibt, von sich geben? Und doch, er hat es getan. Denn in der Türkei ist es mittlerweile fast schon Dienstpflicht geworden, Vorgesetzte und die Bevölkerung anzuschwindeln. Und noch vor Mitternacht erfahren wir, dass es mehr als 15 Tote gibt. Und, was ist jetzt, Herr Bürgermeister? Zählen Sie diese verlorenen Leben nicht als Menschenleben?“
Neue Solidarität zwischen Athen und Ankara?
Athen hat sich bereit erklärt, Such- und Rettungsteams in die Erdbebenregion zu schicken. Dies wäre eine gute Gelegenheit, die griechisch-türkischen Beziehungen zu verbessern, schreibt Kathimerini:
„Aus den Trümmern könnte ein Klima der Freundschaft und Solidarität entstehen, zum Nutzen der Menschen in beiden Ländern, aber auch ihrer Führungen, wenn sie denn wirklich nach Wegen suchen, die Beziehungen zu normalisieren. Offensichtlich liegt es an Erdoğan, zu entscheiden, ob er die Möglichkeit nutzen will, ein friedliches Zusammenleben auf der Grundlage guter Nachbarschaft und der Regeln des Völkerrechts zu suchen, und die Drohungen und Provokationen zu unterlassen. Sollte er sich dafür entscheiden, wird die Öffentlichkeit gern folgen.“