Rumänien: Die Regierungskrise geht weiter
Nach der Auflösung der rumänischen Minderheitsregierung unter PNL-Chef Ludovic Orban Anfang Februar sollte es nun endlich eine neue Regierung geben. Am Donnerstag aber zog der designierte Premier Florin Cîțu kurz vor der Parlamentsabstimmung seine Kandidatur zurück. Wollen Präsident Iohannis und die PNL um jeden Preis vorgezogene Neuwahlen, wie einige in Rumänien vermuten, oder was steckt dahinter?
Machtmechanismen sind in jeder Partei gleich
Die liberale PNL ist auch nicht besser als ihr größter politischer Feind, die PSD, meint der Journalist Sebastian Zachmann auf Adevărul:
„Ludovic Orban hoffte bis zum letzten Moment, dass die PSD [größte Oppositionspartei im Parlament] nicht für die Cîţu-Regierung stimmen würde und es damit keine parlamentarische Mehrheit geben würde. Doch Donnerstagmorgen war klar: Die PSD wollte für die neue Regierung stimmen - mit der Begründung, dass das Land in Zeiten von Corona Stabilität brauche. ... Deshalb hat Orban, der nicht eine Sekunde auf die Funktion des Premiers verzichten wollte, Cîţu zum Rücktritt gezwungen - mit Hilfe des [Präsidenten und früheren PNL-Chefs Klaus] Iohannis. … Hätte Orban Cîţu als Premier akzeptiert, hätte er sich selbst als Parteichef den Boden unter den Füßen weggezogen. Denn die Machtmechanismen funktionieren überall gleich.“
Wir haben Wichtigeres zu tun
Die gesamte Aktion nützt im Angesicht der Corona-Krise niemanden, meint Radio Europa Liberă:
„Die Erklärung von Cîţu auf Facebook enthält keinerlei Logik, doch vermittelt sie, dass er gezwungen wurde, Abstand zu nehmen. 'Ich bin ein Parteimensch und verstehe, in schwierigen Momenten zur Partei und zu deren Präsidenten zu stehen', schrieb er. Der Chef der Liberalen [PNL] Ludovic Orban hat offenbar riesigen Druck auf Cîțu ausgeübt, weil er selbst den Posten des Premiers haben will. ... Der Präsident hätte die Macht gehabt, die Hahnenkämpfe in der Partei zu regeln, um wirklich wichtigere Fragen anzugehen. Das Hinauszögern der Bildung einer stabilen, mächtigen Regierung, die alle Befugnisse besitzt, nützt niemandem. “