Reuiger Macron: eine Läuterung?
In seiner vierten Fernsehansprache zur Corona-Krise hat Frankreichs Präsident Macron am Montagabend Fehler bei der Bekämpfung der Pandemie eingestanden. In den vergangenen Wochen war das Krisenmanagement der Regierung wegen unzureichender Schutzausrüstung, verzögertem Handeln und Widersprüchen heftig kritisiert worden. Journalisten haben unterschiedliche Eindrücke der Ansprache gewonnen.
Kriegsherren-Allüren weichen Demut
Statt kriegerischen Tönen wie Mitte März hat Macron diesmal Demut an den Tag gelegt, beobachtet Le Monde:
„Emmanuel Macron, dem Reue fremd ist, hat zum ersten Mal 'mangelnde Vorbereitung', 'Fehler', 'Schwächen' und 'Versäumnisse' bei der Bewältigung der Epidemie eingestanden. Bescheiden hat er seine Ohnmacht anerkannt, was die Voraussage des Endes der Epidemie betrifft, denn Herdenimmunität ist längst noch nicht erreicht. Menschlich hat er sein Mitgefühl und seine Anerkennung gegenüber den Franzosen ausgesprochen, die dank ihrer Disziplin und ihres Engagements dafür gesorgt haben, dass Frankreich standhält. Zwar ist der Zeitpunkt des Wiederaufbaus noch nicht gekommen, doch hat der Staatschef verstanden, dass die Krise von ihm verlangt, viel einender zu werden, bevor er die beiden letzten Jahre seiner Amtszeit angeht. “
Nerviges Rollentheater
Schon wieder ist der Präsident in ein neues Kostüm geschlüpft, stöhnt Mediapart:
„Es ist eine neue Rolle für einen, der Castings liebt. Eine Rolle als Hypnotiseur für ein besorgtes, depressives, gar traumatisiertes Frankreich. ... Seit seiner Wahl hat Macron so oft die Rolle gewechselt, dass man manchmal gar nicht mehr mitkommt. ... Bei jedem Auftritt ändern sich Bühnenbild, Kostüme, Drehbuch und Sprache. Die Rolle des Präsidenten ist nicht mehr nur eine der Ausübung von Macht, die in der Fünften Republik den Gesetzen von Wiederwahl und Ablösung unterworfen wurde. Emmanuel Macron spielt sie wie ein Platzhalter, der die Schwäche sämtlicher Machtorgane durch präsidiales Gestikulieren und Täuschungsmanöver zu verdecken versucht.“