Wird die Suche nach dem Impfstoff zur Jagd?
Mehr als 200 Teams forschen weltweit an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Auf einer internationalen Geberkonferenz hat die EU 7,4 Milliarden Euro eingesammelt, die helfen sollen, Impfstoff, Medikamente und Testmaterial global zur Verfügung zu stellen. Doch die USA und China beteiligten sich nicht. In der Presse wächst die Sorge, dass Konkurrenzdenken die erhofften Erfolge der Forschung zunichtemacht.
Europa ist konkurrenzfähig
Die Idee einer EU-koordinierten Impfstoffentwicklung stimmt hoffnungsvoll, meint die Tageszeitung Új Szó:
„Kann gegenüber den chinesischen Staatsunternehmen und den Mammutfirmen der US-Pharmaindustrie ein gemeinsames Entwicklungsprojekt der restlichen Länder der Welt wettbewerbsfähig sein? Auf jeden Fall wäre es eine Chance, die man beim Schopfe packen muss und ein Experiment, von dem man viel lernen kann. Es kann passieren, dass es innerhalb von zwei Jahren sogar mehrere Impfstoffe geben wird: billig oder teuer, effektiv oder weniger effektiv, für alle zugänglich oder auf politischer Grundlage bereitgestellt. Hoffentlich wird Europa den richtigen Weg gehen, damit es seinen Einfluss und seine Außenwirkung in der Welt verstärken kann.“
Alleingänge sind keine Lösung
Nationale Egoismen bei der Impfstoff-Forschung alarmieren Financial Times:
„Länder wie die USA und Großbritannien unterstützen Forscher, Unternehmen und Produktion im Inland - manchmal unter der Bedingung, dass die eigenen Staatsbürger bevorzugt behandelt werden. Abgesehen davon, dass ein solcher Ansatz ethisch fragwürdig ist, könnte er auch nach hinten losgehen. Länder, die am Anfang der Lieferkette für die Produktion eines Impfstoffs stehen, könnten als Retourkutsche Beschränkungen auferlegen. Der 'staatliche' Impfstoff eines Landes könnte sich zudem als weniger wirksam herausstellen als die Alternativen, die anderswo entstehen. Und wenn weniger wohlhabende Nationen nicht frühzeitig in die Impfprogramme einbezogen werden, besteht die Gefahr, dass die Infektion in die reicheren Länder zurückkehrt.“
Mangelnde Kooperation schadet allen
Vor einem in der Forschung bestehenden Konkurrenzdenken warnt auch La Libre Belgique:
„Der Wettbewerb ist natürlich schädlich für die Verlierer, die in der Welt, die wir kennen, immer mehr werden und die sich umso mehr Vorwürfe machen, je hatrnäckiger man versucht, sie davon zu überzeugen, dass sie ebenso zum Sieger werden könnten. Der Wettbewerb schadet aber auch den Gewinnern, die, obwohl sie alles dafür tun, um das für sie förderliche System zu bewahren, ständig dem Stress ausgesetzt sind, auf einer Höhe mit den Herausforderungen zu bleiben. Möge in der Welt danach, auch wenn sie von Tausenden nicht gehaltenen Versprechen geprägt sein wird, eine wirklich kooperative Wissenschaft entstehen!“