Frankreichs Kommunalwahl: Großer Verlierer Macron?
Vor der zweiten Runde der Kommunalwahl in Frankreich, die wegen der Covid-19-Pandemie vom 22. März auf den 28. Juni verschoben wurde, werden in vielen Städten und Gemeinden Wahlbündnisse geschmiedet. Vielerorts schließen sich die Sozialisten mit den Grünen und oft weiteren Linksparteien zusammen, um die Chancen der Stichwahlkandidaten zu vergrößern. Kommentatoren spekulieren über die Ergebnisse.
Präsidentenpartei droht der Absturz
Die Kommunalwahlen kommen für den Präsident und seine Bewegung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, analysiert The Spectator:
„Die Folgen der Corona-Krise werden sich massiv auf die Beliebtheitswerte von Präsident Emmanuel Macron und seiner Regierung auswirken. Macron befand sich bereits vor dieser Krise aufgrund der Gelbwesten-Bewegung und landesweiter Streiks auf einem Tiefpunkt. Und im Gegensatz zu anderen Ländern gab es in Frankreich nicht den Effekt, dass sich plötzlich alle hinter die Regierung stellen, wovon Macron hätte profitieren können. Seine persönliche Beliebtheitsrate ist nie über niedrige 40 Prozent gestiegen. Wenn am 28. Juni die wegen der Epidemie verschobene zweite Runde der Kommunalwahlen stattfindet, wird Macrons LREM-Partei vermutlich eine Abfuhr erleiden. Das Fehlen einer lokalpolitischen Machtbasis wird das noch verstärken.“
Die Chance der Linken
Die linken Parteien in Frankreich sind wieder auf dem Vormarsch, analysiert Avgi:
„Die Kommunistische Partei glaubt, dass sie die überwiegende Mehrheit in 61 Städten mit mehr als 10.000 Einwohnern behalten kann, während Hoffnungen auf neue 'Eroberungen' bestehen. ... Auf kommunaler Ebene ist die Kommunistische Partei Frankreichs die drittgrößte Kraft des Landes. In der ersten Runde im März wurden 1.072 Gemeinderatsmitglieder gewählt oder wiedergewählt. Die Parti socialiste steht ihrerseits seit einiger Zeit vor einem Wahlkampf zu ihren Gunsten. Sie macht sich keine Sorgen um ihre traditionellen Hochburgen wie Rennes und Nantes, wo sie von den Grünen unterstützt wird, so wie auch in Paris mit Anne Hidalgo (die fast 30 Prozentpunkte Vorsprung vor Macrons Kandidatin hat.)“
Alte Parteien überholen LREM
Gegenüber den konservativen Les Républicains (LR) und den linken Parteien wird Macrons LREM alt aussehen, glaubt Libération:
„Wir wissen bereits mit großer Wahrscheinlichkeit, dass es in der zweiten Runde der Kommunalwahlen einen Sieger und einen Besiegten geben wird: LR auf der einen Seite, denn die Konservativen halten bereits viele Rathäuser und kommen in den Genuss des Amtsinhabervorteils; LREM auf der anderen Seite, denn die Partei ist gehandicapt, da sie lokal nur schwach verankert ist und unter der Abkehr der öffentlichen Meinung vom Präsidenten leidet. ... Und die Linke? Sie wurde totgesagt, doch die selbsternannten Bestatter könnten enttäuscht werden. Zum einen, weil die Linke ebenfalls über eine Truppe von Amtsinhabern verfügt, die mit ihrer Bilanz punkten. ... Zum anderen, weil der bei der Europawahl festgestellte Zuwachs der Grünen sicher auch auf lokaler Ebene bestätigt wird.“