Schweden: Die Selbstzweifel des Klassenbesten
Zwei Top-Themen der vergangenen Wochen nagen offenbar an Schwedens Selbstvertrauen. Das Land wird nach seinem Corona-Sonderweg isoliert und bei der Lockerung der Reisebeschränkungen außen vorgelassen. Und der Mord an Olof Palme gilt zwar nun als aufgeklärt, doch der Täter, der schon früh als Verdächtiger galt, ist mittlerweile tot. Journalisten sinnieren über Schwedens Anspruch und Wirklichkeit.
Resultate zählen, nicht Ambitionen
Immer der Beste sein zu wollen, ist eine schwedische Eigenheit, die dem Land manchmal im Weg steht, stellt Sydsvenskan fest:
„Die schwedische Vortrefflichkeit: Sich ständig positiv in unterschiedlicher Art und Weise auszuzeichnen, nicht zuletzt durch exorbitante Ambitionen. Verkehrssicherheit, Klimapolitik, IT, Online-Medizin - die Liste über die Ziele, welche Schweden weltweit führend machen soll, kann lang werden. Anderen genügt es, gut zu sein. ... Selbstverständlich sind es die Resultate, die zählen, und nicht die Ambitionen. Genau deswegen sollte das Schwedenbild weniger von Belang sein als die tatsächliche Lage in Schweden.“
Möchtegern-Vorreiter muss sich Kritik stellen
Dass Stockholm die Bedenken der Nachbarländer angesichts des Covid-19-Infektionsgeschehens in Schweden nicht akzeptiert, ärgert Iltalehti:
„Das offizielle Schweden hatte vergangene Woche Schwierigkeiten zu begreifen, dass seine Nachbarstaaten in der Corona-Krise Entscheidungen treffen, ohne dem Land Vorrechte einzuräumen oder es als Vorbild zu betrachten. ... Es ist erstaunlich, dass Schweden in einer Situation, in der seine Infektionszahlen in eine markant andere Richtung gehen, Finnlands Entscheidung nicht akzeptiert. ... Vor diesem Hintergrund zeigt sich eindeutig der historische Anspruch Schwedens, die wegweisende Nation in Nordeuropa zu sein. ... In der Frage der Reisefreiheit muss es jetzt aber in den Spiegel blicken.“