London sagt Fettleibigkeit den Kampf an
Die britische Regierung hat am Montag eine Kampagne gestartet, um Bürgern beim Abnehmen zu helfen. Unter anderem wird Werbung für stark fett- und zuckerhaltige Nahrung im Fernsehen und Internet vor 21 Uhr verboten. Anlass für die "Better Health"-Aktion ist auch Covid-19, denn bei Übergewichtigen ist der Krankheitsverlauf oft schlimmer. Dennoch ist das Maßnahmenpaket umstritten.
Fertiggerichte sind das wahre Problem
Die Regierung sollte nicht nur kalorienreiche Nahrung ins Visier nehmen, kritisiert The Guardian:
„Das Herumspielen [der Nahrungsmittelindustrie] mit Essen hat unbeabsichtigte Konsequenzen. Die zusätzlichen Inhaltsstoffe und chemischen Verstärker, die Lebensmittel schmackhafter machen, haben nicht die Nährwerte, die in normalen Lebensmitteln zu finden sind. Diese Zusatzstoffe zielen auf 'Glückspunkte' ab - so bezeichnet die Lebensmittelindustrie eine bestimmte Menge an Zucker, Salz und Fett, die den Geschmack eines Produkts optimiert. Diese Lebensmittel sind nährstoffarm und reich an Zusatzstoffen. Sie ermutigen uns dazu, unser natürliches Sättigungsgefühl nicht zu berücksichtigen, sie manipulieren unseren Appetit und bringen uns dazu, mehr zu essen.“
Dicke nicht an den Pranger stellen
Die von der Regierung geplanten Maßnahmen werden dem Problem nicht gerecht, moniert auch The Irish Independent:
„Hier wird offenbar davon ausgegangen, dass Fettleibigkeit mit einer Patentlösung und einer fröhlichen nationalen Anstrengung bekämpft werden kann. Das ist so, als würde man jemandem, der unter Angstzuständen leidet, nahelegen, Sport zu treiben - oder einem Koma-Säufer empfehlen, zwischen seinen Getränken ein Glas Wasser einzuschieben. Dieser Zugang verkennt die Komplexität des Problems und ist für jene beleidigend, die jahrelang vergeblich versucht haben abzunehmen. Angesichts des Kontextes und Zeitpunkts dieser spezifischen Gesundheitskampagne werden damit Menschen an den Pranger gestellt, die ohnehin bereits leiden.“