Abtreibung in der Tagesklinik: Streit in Italien
Italien hat die Regeln zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch reformiert. Gesundheitsminister Speranza gab am Samstag bekannt, dass die Verabreichung der Pille RU486 fortan ohne längeren Klinikaufenthalt und bis zur neunten Woche erlaubt sein soll. Dies sei "ein wichtiger Schritt vorwärts" unter Achtung der bestehenden Rechtslage. Vertreter katholischer Verbände übten scharfe Kritik.
Die Kirche trachtet nach Bestrafung
Die Kirchenmänner, die nun gegen die neuen Regeln wettern, wollen Abtreibende leiden sehen, erklärt Soziologin Chiara Saraceno in La Stampa:
„Nachdem sie sich energisch gegen die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gewehrt hatten, widersetzten sie sich der Legalisierung der Pille RU486, die eine Abtreibung ohne Operation ermöglicht. ... Als ihnen auch dies nicht gelang, versuchten sie, den Frauen einen Krankenhausaufenthalt aufzuzwingen, indem sie die Gesundheitsrisiken betonten - wider alle empirischen Beweise. … Diese systematische und breite Kampagne hat das nicht unerhebliche Ergebnis erzielt, die Einführung der medikamentösen Abtreibung in unserem Land zu verlangsamen, obwohl sie weniger invasiv und risikoreich als eine Operation ist - und noch dazu weniger kostspielig für das Gesundheitssystem.“
Ein gesellschaftliches Problem wird privatisiert
Der neuen Regelung liegt wohl vor allem der Wunsch zugrunde, eine lästige Debatte loszuwerden, hält Kolumnistin Assuntina Morresi in Avvenire dagegen:
„Der dreitägige Krankenhausaufenthalt war ein Weg, um die Frauen vor den Komplikationen dieser Form der Abtreibung zu schützen, bei der eine höhere Sterblichkeitsrate vorliegt als bei chirurgischen Abtreibungen. … Die Gründe für die Neuregulierung sind also rein politischer Natur: RU486 ist Teil eines Weges, den wir bereits in anderen Ländern gesehen haben, eines Weges der 'Privatisierung' der Abtreibung und ihrer Verbannung von der öffentlichen Bühne. Frauen sollen zu Hause abtreiben können, so als ob die Abtreibung etwas wäre, was nur das Privatleben derer betrifft, die sich dafür entscheiden - und nicht in erster Linie ein soziales Problem, das alle angeht.“