Strafe für "Jungfräulichkeitsbescheinigungen"?
In Frankreich ist eine Debatte über von Ärzten ausgestellte "Jungfräulichkeitszertifikate" entbrannt, nachdem Innenminister Darmanin in einem Interview angekündigt hatte, die Praxis unter Strafe zu stellen zu wollen. In Libération veröffentlichten daraufhin am 16. September mehrere Ärzte einen Appell an die Regierung und forderten, das Vorhaben zu überdenken und eher die Ursache des Problems zu bekämpfen. Andere Kommentatoren begrüßen die Initiative.
Ärzte-Bestrafungen helfen Frauen nicht
Der Appell in Libération nennt mehrere Argumente gegen das Vorhaben:
„Das bestehende Gesetz erlaubt bereits, Gefälligkeitsbescheinigungen mit einem Jahr Haft und 15.000 Euro Strafe zu belegen. Die Strafe kann verdoppelt werden, wenn der Arzt irgendwelche Gegenleistungen angenommen hat. Ein neues Gesetz ist daher unnötig - und außerdem unausführbar, da solche Bescheinigungen nur im privaten Bereich Einsatz finden. Um einen Verstoß oder eine Straftat zu ahnden, muss man auch in der Lage sein, sie festzustellen. Uns zu bestrafen, bedeutet, gegen die Folgen vorzugehen, anstatt die Ursache des Problems zu bekämpfen, die in Unwissenheit und Angst wurzelt. Allein Bildung kann die Emanzipation dieser jungen Frauen ermöglichen.“
Gesetze vermitteln immer auch eine Botschaft
Selbst wenn die Ärzte meinen, den Mädchen zu helfen, muss durchgegriffen werden, erklärt dagegen Philosophin Michela Marzano in La Stampa:
„Ich denke, dass wir alle zusammenarbeiten müssen, um den besten Weg zu finden, junge Frauen zu schützen. ... Ich bin aber auch davon überzeugt, dass ein Gesetz immer auch einen symbolischen Wert hat und dass ein Verbot eine Botschaft vermittelt - hier die, dass eine solche Praxis im Jahr 2020 eine inakzeptable Barbarei ist. ... Nicht einzugreifen und zu hoffen, dass sich die Dinge vielleicht eines Tages ändern, würde bedeuten, die Idee zu unterstützen, dass eine junge Frau sich dem Willen ihrer Eltern oder ihres zukünftigen Ehemannes unterwerfen sollte.“