Söldner in Berg-Karabach: Was plant Erdoğan?
Die türkische Regierung behauptet, nicht aktiv in den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach einzugreifen. Dies hatte der armenische Premier Paschinjan zuvor Ankara vorgeworfen. Medien berichten von türkischen Söldnertruppen, die in der Region kämpfen. Sie könnten noch ganz anderen gefährlich werden, fürchten Kommentatoren.
Sind die Kämpfer erstmal da...
Die Berichte über Söldnertruppen, die Ankara aus Syrien nach Berg-Karabach abkommandiert hat, sollten Moskau eine Warnung sein, meint Radio Kommersant FM:
„Die Söldner sind ein Argument dafür, dass hier nicht Aserbaidschan oder Armenien, sondern die Türkei die erste Geige spielen will. Und es kann darauf hinauslaufen, dass es Freund Erdoğan nicht dabei belässt. Er hat auch Brüder in Dagestan, Tschetschenien und vor allem auf der Krim. ... Der Konflikt beginnt sich hinzuziehen und geht über in eine Phase terroristischer Angriffe. Und die neu angekommenen Söldner werden - erst recht, wenn man sie aus Karabach vertreibt - nach Georgien und Russland durchsickern. Ihnen ist egal, wo sie kämpfen, sie können ja nichts anderes.“
Erdoğan offenbart seine großtürkischen Träume
Erdoğans Einmischung in Berg-Karabach ist für Russland bedrohlich, meint auch das oppositionelle Onlineportal Artı Gerçek:
„Erdoğan hat auf die Aussage der sogenannten Minks-Gruppe zu Berg-Karabach geantwortet. Er hat sie direkt kritisiert und betont, dass eine politische Lösung unmöglich sei. Während [der aserbaischanische Präsident] Aliyev es für unnötig hielt, überhaupt zu antworten. … Das zeigt, wem Aserbaidschan gehört. ... Vielleicht will Erdoğan auch in Russland der größte Führer werden? Er hat nicht nur auf Aserbaidschan ein Auge geworfen und wird auf die türkischen Regionen Russlands nicht verzichten. ... Erdoğan ist entschlossen, seine Theorie des Panturkismus zu verwirklichen, und Russland in den Abgrund zu stürzen. Es geht hier nicht um Armenier und Aserbaidschaner. Wenn die russische Führung die Existenz ihres Landes sichern will, sollte sie den falschen Sultan in die Schranken weisen.“
Merkel begünstigt den Angriffskrieg
Der ehemalige Mittel- und Südosteuropa-Korrespondent Karl-Peter Schwarz kritisiert in Die Presse die Haltung der EU:
„Der Europäische Rat konnte sich vorige Woche lediglich dazu durchringen, ein Ende der Gewalt und die Aufnahme von Verhandlungen zu fordern. In der Erklärung wurde nicht erwähnt, dass Armenien als Opfer eines Angriffskrieges selbstverständlich das Recht hat, sich zu verteidigen. Wieder einmal ist die EU gespalten. Emmanuel Macron steht auf der Seite Armeniens, Angela Merkel setzt auf Appeasement gegenüber der Türkei, was auf die Begünstigung eines Angriffskriegs hinausläuft.“
Wir fürchten den Völkermord
Diana Davityan, ehemalige Sprecherin der ukrainischen Regierung, fürchtet in nv.ua einen vernichtenden Schlag gegen das armenische Volk:
„Heute ist mein schönes Armenien ganz allein. Ruhig und hilflos schützt es seine Leute und seine Geschichte. Wir sind sehr wenige - in Armenien selbst leben drei Millionen Menschen. Weniger als in Kiew. Wenn sich eines Tages Aliyev und Erdoğan mit Putins Einverständnis entscheiden, den Völkermord von vor hundert Jahren zu wiederholen, wird es ihnen ein leichtes sein, das zu tun. Wer daran zweifelt, soll mal darüber nachdenken, wie schön und ruhig Aleppo einst war und was nach 2016 davon übriggeblieben ist. … Mein Volk braucht heute dringend Unterstützung, ich bitte Sie darum.“