Der EU-Rechtsstaatsmechanismus ist da
EU-Parlament und Rat haben sich auf einen Kompromiss zum Rechtsstaatsmechanismus geeinigt. Damit können Mitgliedern erstmals Gelder gekürzt werden, wenn sie gegen Grundsätze wie die Unabhängigkeit der Justiz verstoßen – sofern dies nachteilige Folgen für den EU-Haushalt hat. Erforderlich ist das Ja von 15 Regierungschefs, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. Wer darf jetzt zufrieden sein?
Europa ist mehr als ein Bankautomat
Der Deutschlandfunk feiert das neue Instrument als Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union - mit einem kleinen Makel:
„Dieser neue Rechtsstaatsmechanismus ... greift nur, wenn die nachweisbaren Grundrechtsverletzungen Nachteile für den EU-Haushalt mit sich bringen könnten. Er ist also kein Generalinstrument, um jeden perfiden Schachzug einer Regierung, jeden Eingriff in die Medien-, Wissenschafts- oder Kunstfreiheit zu sanktionieren. Aber er macht klar, dass die Europäische Union mehr ist als ein Bankautomat, aus dem sich zuverlässig die Subventionsmilliarden rausziehen lassen. ... Der neue Rechtsstaatsmechanismus macht aus der EU ... eine wehrhafte Rechtsgemeinschaft.“
Dagegen wird Warschau nicht groß protestieren
Polityka ist nicht sicher, ob der Beschluss den kritisierten Praktiken der polnischen Regierung tatsächlich einen Riegel vorschiebt:
„Nicht gefallen können Warschau am jetzt erzielten Kompromiss die weite Auslegung des Artikels 2 (Grundwerte der Union) und der Vorbehalt 'Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz'. Das wird allerdings ausgeglichen, indem folgende Bestimmung (die der Regierung Morawiecki bereits zuvor gefiel) unverändert belassen wurde: Die Verordnung betrifft nur Verstöße im Zusammenhang mit der Nutzung des EU-Haushalts oder Missbräuche, die die finanziellen Interessen der EU bedrohen. Wenn diese Bestimmung 'angemessen' ausgelegt wird, kann das bedeuten, dass die Maßnahmen für Polen ohne Folgen bleiben.“