Oppositionsführer in Haft: Georgiens Premier tritt ab
Georgiens Regierungschef Giorgi Gacharia ist aus Protest gegen die gerichtlich angeordnete Festnahme seines prominentesten Widersachers überraschend zurückgetreten. Nika Melia, Chef der Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung, soll an den Unruhen von 2019 teilgenommen und zur Stürmung des Parlaments aufgerufen haben. Gacharia hatte die West-Integration Georgiens vorangetrieben. Beobachter sind ernüchtert.
In bester postsowjetischer Gesellschaft
Zeit Online wirft die Frage auf, wie demokratisch es in dem Land eigentlich noch zugeht:
„Die Regierungspartei Georgischer Traum ist das politische Werkzeug eines Geschäftsmanns und Oligarchen, Bidsina Iwanischwili. Seine Partei kontrolliert die Regierung, aber auch das Parlament sowie die Gerichte und Ermittlungsbehörden. Gacharia muss gehen, weil er zu eigenständig wurde und deshalb künftig nicht mehr gebraucht wird. ... Bleibt die Frage, warum all die schönen Gesetze gegen Korruption und Vetternwirtschaft nicht wirken. Daran haben westliche Berater, vor allem aus der EU, lange mitgearbeitet. Antwort: Man setzt sie nicht um. Damit ist Georgien in bester postsowjetischer Gesellschaft, bei den Nachbarn von Aserbaidschan bis Russland sieht es weit schlimmer aus. Aber natürlich hoffte man im Westen einmal, Georgien würde eine Ausnahme machen.“
Krise bremst Westbindung
Die aktuellen Vorkommnisse schaden Georgiens internationalen Beziehungen, meint Ukrajinska Prawda:
„Gacharia hatte auf Verhandlungen und Kompromisse mit der Opposition gesetzt. Nicht zuletzt, weil er sehr wohl weiß, wie stark sich diese Krise auf den Dialog Tbilissis mit dem Westen auswirkt. … Jedenfalls wurden diese Woche die Hoffnungen zerstört, dass Georgien rasch dem Aktionsplan für die Nato-Mitgliedschaft beitritt - was auch der Ukraine geholfen hätte, diesen Status zu erhalten. Staaten, in denen die Opposition verfolgt wird, können dem Mitgliedschafts-Aktionsplan der Nato nicht beitreten.“