Neue Klimaziele in Europa: Auf dem richtigen Weg?
In vielen Ländern Europas werden derzeit neue Gesetze diskutiert, die Emissionen reduzieren und so dem Klimawandel entgegentreten sollen. Dabei geht es auch in den Kommentarspalten immer wieder um die Frage, wieviel Verzicht auf alltäglichen Komfort zur Rettung des Klimas tatsächlich notwendig ist - und wie sich Umweltschutz und wachstumsorientierte Wirtschaft kombinieren lassen.
Ehrlich die Schwierigkeiten benennen
Großbritannien soll laut Premier Johnson bis 2050 klimaneutral werden. Der Bevölkerung darf nicht vorgegaukelt werden, dass der Kampf leicht wird, warnt The Times:
„Für einige Menschen in Großbritannien und im Ausland könnten sich die Kosten [für diesen Kampf] sehr groß anfühlen. Wenn wir es mit dem Abwenden des Klimawandels ernst meinen, wird die nächste Phase härter als die vorherige. Wir müssen importierte Emissionen angehen, wir müssen uns an einen anderen Lebensstil gewöhnen. Die Regierung wird warme Worte gegen schwierige und konkrete Entscheidungen tauschen müssen. In Sachen Gaspreis, Brennstoffsteuern und vielem mehr wird sie in den sauren Apfel beißen müssen. ... So zu tun, als wäre alles ganz einfach, birgt das Risiko, dass es unmöglich wird.“
Wachstum bleibt unverzichtbar
Deutschland soll laut einem neuen Gesetzesentwurf bis 2030 mindestens 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Bisher waren nur 55 Prozent vorgesehen. Das Handelsblatt vermisst Realismus in der Initiative:
„Sie kommt überstürzt. ... Sie liefert keine belastbaren Zusagen in entscheidenden Finanzierungsfragen. Sie blendet Fragen zur technischen Realisierbarkeit und volkswirtschaftliche Risiken konsequent aus. ... Ohne sich dessen bewusst geworden zu sein, folgt die Große Koalition nun treu und brav der Logik, die das Umweltbundesamt oder diverse Beratungsgremien ... schon seit Jahren predigen. Wachstum gilt dabei nicht mehr als schicklich, Verzicht als Heilsbringer. Wie das Geld für Bildung, medizinischen Fortschritt und soziale Sicherheit erwirtschaftet werden soll, lässt diese Denkschule bewusst im Unklaren.“
So viel beibehalten wie möglich
Der spanische Kongress hat am Donnerstag das Gesetz zu Klimawandel und Energiewende verabschiedet. Der Ausstoß von Treibhausgasen soll bis 2030 um 23 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Klimaneutralität ist für 2050 angestrebt. La Vanguardia versucht, die Sorge vor großen Einschnitten zu zerstreuen:
„All das zwingt zu ernsthaftem Wandel in der Industrie. Aber der Klimanotstand lässt uns kaum eine andere Wahl. Und es geht nicht so sehr darum, unseren Lebenswandel zu ändern, als vielmehr Mittel und Wege zu finden, diesen im Wesentlichen beibehalten zu können, ohne wie bisher dabei unseren Planeten zu zerstören.“
Unfaire Vorteile für Unternehmen in der Schweiz
Am 3. Juni werden die Schweizer über ein neues CO2-Gesetz abstimmen. Der Umweltschutz bleibt wieder mal an den Bürgern hängen, klagt Thomas Juch von der Jugendorganisation der Schweizer Liberalen, in Le Temps:
„Die Folgen des wohl teuersten Gesetzes unserer Zeit werden auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen, die all die neuen Steuern und Zuschläge auf bestehende Gebühren bezahlen müssen. Im Sinne der Gleichbehandlung könnten wir nun erwarten, dass sowohl der Normalbürger als auch die ganz großen Emittenten von Treibhausgasen den vollen Preis zahlen? Aber von nun an können sich alle Unternehmen von der CO2-Steuer befreien lassen. Bislang war diese Möglichkeit auf bestimmte Aktivitäten beschränkt.“