Niederlande geschockt nach Attentat auf Reporter
In Amsterdam wurde der preisgekrönte Investigativjournalist Peter R. de Vries am Dienstag lebensgefährlich verletzt. Er deckte zahlreiche Kriminalfälle und Polizeikorruption auf und hatte eine populäre, Aktenzeichen XY ähnliche TV-Sendung. Zuletzt war er Berater des Kronzeugen in einem Großprozess gegen das organisierte Verbrechen. Für Kommentatoren richtet sich das Attentat nicht nur gegen die Person de Vries.
Kriminelles Gift radikal bekämpfen
Das organisierte Verbrechen hat wieder rücksichtslos zugeschlagen, stellt De Telegraaf fest:
„Diese feige Tat ist erneut ein Angriff auf den Rechtsstaat. Zuvor wurde bereits der Anwalt desselben Kronzeugen ermordet. ... Und es gab Anschläge auf Medien. ... Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Journalisten werden nur notdürftig geschützt. Schon länger stellen Beamte und Politiker fest, dass die (Drogen-)Kriminalität in einer Stadt wie Amsterdam solche Ausmaße angenommen hat, dass es die Gesellschaft zerstört. ... Das Übel ist tief verwurzelt in bestimmten Vierteln und Teilen der Gesellschaft. Unorthodoxe Lösungen sind nötig. Das kriminelle Gift muss mit Stumpf und Stiel beseitigt werden.“
Der Rechtstaat braucht mehr Schutz
Justiz und Polizei tun zu wenig gegen das organisierte Verbrechen, klagt De Volkskrant:
„Sie sollten sich ein Land wie Italien angucken, das große Fortschritte verbucht hat im Kampf gegen das organisierte Verbrechen, das die Gesellschaft im eisernen Würgegriff hält. Die Niederlande ist noch kein Mafiastaat, aber ein Narco-Staat, in dem Drogen-Kriminelle zu viel Macht an sich genommen haben. ... Peter R. de Vries gibt [mit seiner Arbeit] vielen Niederländern Vertrauen, dass es am Ende Gerechtigkeit gibt. Vertrauen ist unverzichtbar für einen funktionierenden Rechtsstaat. Man kann nur hoffen, dass dieser Anschlag für jeden eine Ermutigung ist, unseren Rechtsstaat besonders zu schützen.“
Journalisten sind in Europa nicht mehr sicher
Večernji list sieht das Attentat auf de Vries in einer Reihe mit den Morden an Daphne Caruana Galizia und Ján Kuciak:
„Dieser Fall zeigt wieder, dass auch die EU, selbst die liberalen Niederlande, kein sicherer Ort mehr für Journalisten ist. Obwohl die Achtung der Menschenrechte und Meinungsfreiheit, und damit auch freier Journalismus, direkt in das Fundament der EU eingebaut sind, beweist die Tatsache, dass in relativ kurzer Zeit von einigen Jahren in einigen EU-Mitgliedsstaaten mehrere Journalisten angeschossen oder getötet wurden, dass Journalismus und journalistische Freiheiten in Europa gefährdet sind.“