Polen im Streit mit Israel
Ein in Warschau verabschiedetes Gesetz belastet die polnisch-israelischen Beziehungen. Verwaltungsentscheidungen dürfen demzufolge nur noch binnen 30 Jahren angefochten werden. Israel kritisiert, dass dies Familien von Holocaust-Opfern daran hindert, während der Naziherrschaft beschlagnahmten Grundbesitz zurückzufordern. Polnische Kommentatoren verteidigen die Regierungsentscheidung.
Ungerechte Vorwürfe
Die Tageszeitung Rzeczpospolita kritisiert das Vorgehen der israelischen Regierung:
„Es ist eindeutig, dass die Reaktion des israelischen Außenministers Jair Lapid übertrieben ist und innenpolitische Ziele verfolgt. Darüber hinaus ist sie ungerecht. Die Behauptung, die Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung sei ein antisemitisches und unmoralisches Gesetz, ist skandalös. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg verloren polnische Bürger unterschiedlicher Herkunft, Guts- und Fabrikbesitzer, Juden, Deutsche und Ukrainer ihr Eigentum. Es ist unmoralisch und relativiert die Geschichte, wenn Lapid nur das Vermögen der Opfer des Holocausts sieht und nicht das anderer Gruppen, deren Vermögen dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus zum Opfer fielen.“
Warschau darf sich nicht reinreden lassen
In Polen sollte Einigkeit darüber bestehen, dass sich fremde Staaten nicht in die Gesetzgebung einzumischen haben, findet das Online-Portal wPolityce.pl:
„Die polnische Regierung darf sich unter keinen Umständen dem Druck beugen. ... Unsere Unabhängigkeit wird hier auf die Probe gestellt. Niemand von außen hat das Recht, in unsere Gesetzgebung einzugreifen. Wenn der Opposition etwas nicht gefällt, soll sie demokratische Wahlen gewinnen und die Gesetzgebung in ihrem Sinne ändern. Jetzt aber, als polnische Opposition, sollte sie ebenso reagieren, wie Politiker des wiedervereinigten Deutschlands auf den Druck der USA, sich an ihrer Seite an der Militärintervention am Persischen Golf zu beteiligen: 'Die deutsche Politik wird in Berlin entschieden, nicht in Washington'.“