Nordmazedonien: Was geschieht nach Zaevs Rücktritt?
Unter seiner Ägide legte Nordmazedonien den Namensstreit mit Griechenland bei und trat in die Nato ein - nun zog Zoran Zaev die Konsequenzen aus der Niederlage seiner sozialdemokratischen Partei SDSM bei den Kommunalwahlen Ende Oktober und kündigte seinen Rücktritt an. Ob es zu Neuwahlen kommt, ist noch unklar. Europas Presse bedauert den Schritt.
Von der EU im Stich gelassen
Der Premier ist auch ein Opfer unerfüllter EU-Zusagen, kritisiert Profil:
„Zaevs Rücktritt ist eine Art europäische Affäre. Sie begann 2017 als Liebesbeziehung und endete vier Jahre später in geplatzten Träumen. ... Brüssel ermutigte Zaev zu Reformen und versprach im Gegenzug eine Eröffnung der Beitrittsgespräche. Der junge Ministerpräsident mimte den Optimisten und mahnte seine Landsleute zu Geduld, ein hochriskantes Unterfangen, wie man heute weiß. Denn das Versprechen der EU, Beitrittsgespräche zu eröffnen, ist bis heute ausgeblieben. Und das, obwohl Zaev zu sehr unpopulären Kompromissen bereit war. … Für das europäische Projekt ist das ein großer Imageschaden. Viele werden ... eine fatale Lektion ziehen: Mit der EU lassen sich keine Wahlen gewinnen.“
Namensstreit könnte wiederaufflammen
Verschlechterte Beziehungen zu Griechenland und eine Gefährdung des Prespa-Abkommens fürchtet SLpress, sollte nun die nationalkonservative VMRO-DPMNE an die Macht kommen:
„Die VMRO ist sogar so weit gegangen, dass sie davon spricht, das Abkommen zu kündigen. ... Antiwestliche Instinkte und vor allem extremer Nationalismus, insbesondere Mazedonismus, sind im kollektiven Bewusstsein der VMRO tief verwurzelt. Es ist daher sicher, dass sie zumindest auf verschiedene Weise versuchen werden, nicht nur den Geist, sondern auch das Abkommen selbst außer Kraft zu setzen, wenn nicht de jure, so doch de facto. ... Sollten die extremen Nationalisten schließlich an der Spitze des Nachbarlandes stehen, wird eine Verschlechterung der bilateralen Beziehungen unausweichlich sein.“
Ungewöhnlich gradliniges Verhalten
Dass Zoran Zaev der bislang erste Premier der 30-jährigen Geschichte des Landes ist, der freiwillig zurücktritt, lobt Kapital:
„Zaevs Rücktritt - sowohl als Premierminister als auch als SDSM-Führer - war für viele ein Schock, wahrscheinlich weil Politiker, die ihre Versprechen halten, auf dem Balkan ein nahezu unbekanntes Phänomen sind. ... Wenn es etwas Positives an der Situation gibt, dann ist es, dass Zaev ein seltenes Vorbild dafür abgibt, wie man politische Verantwortung übernimmt, auch ohne dass es zwingend notwendig ist. Das Bedauerliche daran ist, dass sein Rücktritt Nordmazedonien in eine politische Unsicherheit stürzt, die zu einer politischen Krise eskalieren könnte.“