Österreich schickt Ungeimpfte in den Lockdown
Ab dem heutigen Montag dürfen rund zwei Millionen Menschen in Österreich, die weder geimpft noch genesen sind, ihr Zuhause nur noch aus dringenden Gründen verlassen - etwa, um Waren des täglichen Bedarfs einzukaufen oder zur Arbeit zu gelangen. Die letzte von fünf Corona-Maßnahmenstufen tritt in Kraft, weil Covid-Patienten über 30 Prozent der Intensivbetten belegen. Was ist von dieser Art Teil-Lockdown zu halten?
Wenn schon, dann für alle
Die NZZ am Sonntag zweifelt, ob die Maßnahme ihren Zweck erfüllt:
„Die Freiheit der Impfskeptiker hat nun einen hohen Preis. Zur Massregelung durch den Staat kommt auch noch die Stigmatisierung. Die österreichische Regierung nimmt damit in Kauf, dass die Gesellschaft noch tiefer gespalten wird, als sie es bereits ist. Der Hintergedanke der Politiker ist klar: Jene zehn Prozent der Bürger, die bisher mit der Impfung zögerten, aber nicht überzeugte Gegner sind, sollen zum Stich gezwungen werden. Ob dieses Kalkül aufgeht, ist fraglich. Und erst recht, ob ein Lockdown für Ungeimpfte überhaupt Wirkung hat und die Überlastung der Spitäler stoppt. Wenn schon ein Lockdown, dann für alle.“
Geimpfte einsperren wäre kontraproduktiv
Ohne Anreize kann die Impfbereitschaft nicht gesteigert werden, findet der Kurier:
„Mehr als 13.000 Neuinfektionen [an einem Tag]: Österreich schiebt sich so wie vor einem Jahr an die Spitze der Länder mit der höchsten Ansteckungsrate weltweit. Das ist dramatisch, weil es die Freiheit jedes Einzelnen einschränkt und den Standort schon wieder beschädigt. Und es ist peinlich. Wie kommen wir da wieder raus? ... Die Situation ist gefährlich, aber nicht mehr so schlimm wie im Vorjahr. Jetzt haben wir die Impfung. ... Ein Lockdown für alle wäre daher kontraproduktiv, weil es die Impfbereiten demoralisieren würde. Sie brauchen ja alle - früher als gedacht – die dritte Impfung.“
Tschechien schaut wieder nur zu
Die tschechische Politik tut so, als wäre das Land nur ein unbeteiligter Beobachter der Pandemie, klagt Lidové noviny:
„Österreicher, Niederländer oder Dänen, allesamt mit weit höheren Impfraten als wir, verschärfen die Maßnahmen gegen Covid. Wir tun nichts. In den umliegenden Ländern wächst die Panik, nur bei uns sind freiheitsliebende Leute am Ruder. Doch die Lage ist zu ernst, um sich darüber nur lustig zu machen. Die Zahlen der Hospitalisierten und der Toten wachsen. Einige Kliniken müssen die Betreuung schon einschränken. Derlei wollen und brauchen wir nicht. Auch nicht eine neue Garnitur von Amateuren, die nichts weiß und nichts sagt, geschweige denn etwas tut.“