Zypern- und Griechenlandbesuch: Papst rügt Europa
Vier Tage hat Papst Franziskus die Republik Zypern und Griechenland besucht. Dabei kam er auch zum zweiten Mal nach Lesbos. Er kritisierte den Umgang mit Flüchtlingen in Europa scharf und bezeichnete ihn als Schiffbruch der Zivilisation. In Nikosia nannte er Flüchtlingslager Orte von Folter und Sklaverei. Zudem sicherte er zu, 50 Asylsuchende von Zypern nach Italien bringen zu lassen.
Ein kraftvoller Denkanstoß
Irish Examiner ist vollen Lobes für den Pontifex:
„Mit seiner Rückkehr nach Lesbos, einem der Epizentren der illegalen Flucht nach Europa, verurteilte er die Gleichgültigkeit und den Egoismus der Politiker des Kontinents und eine politische Haltung, die 'die zum Tode verurteilt, die am Rand stehen'. ... Die Migrationsfrage war das beherrschende Thema, aber Papst Franziskus nahm auch andere Ziele ins Visier. Mit Gleichnissen zur Odyssee, die Opfer des Menschenhandels erleben, ermahnte er junge Menschen, ihren Träumen zu folgen, ohne sich aber von den Sirenenrufen der Konsumgesellschaft verführen zu lassen. ... Es war eine kraftvolle Predigt eines religiösen Führers auf dem Höhepunkt seiner Eloquenz. Wir sollten darüber nachdenken.“
Schamlose griechische Regierung
Die Vertreter Athens wirkten beim Besuch des Papstes völlig deplatziert, findet Avgi:
„Die Regierung muss sich beim Besuch von Papst Franziskus sehr unwohl gefühlt haben. Denn es ist dieselbe Regierung, die international wegen barbarischer Praktiken gegenüber Flüchtlingen und Migranten angeklagt wurde. Für Pushbacks auf See. Für Entführungen, Schläge und gewaltsame Abschiebungen. In Europa werden ständig Berichte über diese Situation veröffentlicht, und sie werden nicht einmal widerlegt. ... Regierungsmitglieder waren so frech und haben den Papst [auf Lesbos] sogar begleitet. Und haben so getan, als würden sie seiner humanitären Predigt aufmerksam zuhören.“
Flüchtlingsaufnahme muss im Rahmen bleiben
ABC fordert Solidarität, die aber den Wohlstand Europas nicht gefährden darf:
„Der 'Schiffbruch der Zivilisation', von dem der Bischof von Rom in Bezug auf die Tausenden von Flüchtlingen sprach, die an den Toren Europas warten, findet auf Lesbos und an vielen Küsten des Kontinents statt. ... Die EU hat die moralische Verpflichtung, Flüchtlinge im Rahmen ihrer Möglichkeiten aufzunehmen, ohne das fragile soziale und wirtschaftliche Gleichgewicht zu gefährden, das ihr das Überleben ermöglicht, damit sie ein Leuchtturm der Freiheit und des Wohlstands bleibt. Die Entwicklungsländer müssen ihrerseits ihre Verantwortung beim Aufbau einer neuen Welt übernehmen, die nicht in Europa beginnen und enden kann. Es darf ihnen nicht an Hilfe fehlen.“
Eine moralische Geste
Dass der Papst einige Flüchtlinge nach Italien holen will, sollte die zyprische Regierung nicht fehlinterpretieren, meint Cyprus Mail:
„Der Papst sprach von der Notwendigkeit, 'Mauern niederzureißen' und davon, dass 'wir uns gegenseitig willkommen heißen, integrieren und als Brüder und Schwestern zusammengehen müssen, wir alle'. Indem er 50 Migranten mit nach Italien nimmt, will er nicht unseren europäischen Partnern ein Beispiel geben, sondern uns ermutigen, Migranten willkommen zu heißen und zu akzeptieren. Es ging ihm um eine moralische Aussage, weit entfernt von den praktischen Problemen, die sich aus der Bewältigung des ständig wachsenden Zustroms von Migranten ergeben.“