Militärputsch in Burkina Faso
Am Montag hat eine Gruppe von Offizieren Burkina Fasos Präsident Roch Marc Kaboré festgenommen und die Macht in Ouagadougou übernommen. Die neuen Machthaber haben Verbindungen zur berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner. Es ist die dritte Entmachtung eines Staatsoberhaupts in Westafrika innerhalb weniger Monate. Kommentatoren sehen denn auch Ursachen, die über die Lage in Burkina Faso hinausweisen.
Hausgemachtes Desaster
Für Le Monde ist klar, wer hier in erster Linie versagt hat:
„Die Höllenfahrt Westafrikas ist keineswegs ein exogenes Phänomen. Zwar trägt Frankreich als Vorbild und Unterstützer der schlecht funktionierenden Institutionen in den betroffenen Staaten eine Mitschuld, zwar könnte Europa mehr tun, zwar sollten die Vereinten Nationen dem Erstarken der Zivilgesellschaften mehr Aufmerksamkeit schenken. Doch die Verantwortung für das Chaos liegt vor allem bei den afrikanischen Regierenden selbst. 60 Jahre nach der Entkolonialisierung haben sie es immer noch nicht geschafft, ein Politik- und Entwicklungsmodell aufzubauen, das den Besonderheiten ihrer Gesellschaften Rechnung trägt.“
Unangenehme Fragen auch für Frankreich
Das Ereignis zeigt Schwächen auf mehreren Seiten auf, betont Pierre Haski, Kolumnist bei France Inter:
„Es ist sicherlich auch ein Scheitern Frankreichs, da das nun geschwächte Regierungsmodell das ist, das Frankreich gefördert und unterstützt hat. So wird es auch von der Bevölkerung der Region wahrgenommen, die es der französischen Militärpräsenz übel nimmt, sie nicht vor den Terroristen gerettet zu haben, und Paris vorwirft, auf der Seite der Regierenden zu stehen und nie auf der der Gesellschaften. … Die gesamte französische Sahel-Strategie steht infrage und darüber hinaus wird das Modell der afrikanischen Staaten nach einer wenig überzeugenden Demokratisierungsphase stark angezweifelt.“
Der nächste Rückschlag im Anti-Terror-Kampf
Die Tageszeitung Die Welt sieht eine weitere Krise mit europäischer Relevanz:
„[I]n Burkina Faso wurden nun von Unterstützern des Militärs russische Fahnen geschwenkt. Es würde nicht überraschen, wenn sich die Generäle wie ihre Kollegen in Mali im Kampf gegen den ausufernden Terrorismus (und für die eigene Machtsicherung) tatsächlich künftig an Russland wenden würden. ... Doch selbst wenn dieses Szenario in Burkina Faso nicht eintreten sollte, ist die Entwicklung für den Westen beunruhigend. ... [S]ie [ist] ein weiterer Beleg seines erfolglosen Einsatzes in der Sahelzone. ... Und natürlich schwächt jeder Putsch die ohnehin kaum vorhandenen staatlichen Strukturen in der Sahelzone. So wird die Ausbreitung des islamistischen Terrorismus in Westafrika begünstigt.“
Dschihad am Ursprung neuer Putsch-Welle
Tygodnik Powszechny sieht im militanten Islamismus die Ursache für die zunehmende Staatserosion in Afrika:
„Die von Dschihadisten in Afrikas Sahelzone geführten Kriege haben Putsche, zu denen es noch vor einem halben Jahrhundert in Afrika regelmäßig kam, wieder in Mode gebracht. Es begann mit dem Arabischen Frühling 2011, dem Bürgerkrieg in Libyen und dem Sturz (und Tod) des dortigen Tyrannen Muammar Gaddafi. Nachdem sie dessen riesige Arsenale geplündert hatten, brachten die bis an die Zähne bewaffneten Dschihadisten aus der Sahara und der Sahelzone ihren heiligen Krieg auf den gesamten Kontinent.“