Macron: Neues Gremium für den Schengen-Raum?
Präsident Macron will die französische Ratspräsidentschaft dazu nutzen, den Schengen-Raum zu reformieren. Die Innenminister der Mitgliedsstaaten des Schengener Abkommens sollen einen neuen Rat bilden und insbesondere die Kontrolle der Außengrenzen koordinieren und verbessern. Die Freizügigkeit im Innern soll so wieder gestärkt werden. Ob die Rechnung aufgehen kann, beschäftigt Europas Presse.
Indirekter Weg könnte Erfolg haben
Ein informeller Schengen-Rat könnte den gordischen Knoten der EU-Migrationspolitik lösen, meint Der Standard:
„[Macron] will die Sicherheit in Europa erhöhen und eine besser geregelte Asyl- und Migrationspolitik erreichen. Die Idee ist, dass sich die Innenminister der betroffenen Länder mit offenen Binnengrenzen und gemeinsamen Außengrenzen jenseits des formellen EU-Ministerrats treffen. Einer oder eine von ihnen soll für längere Zeit zum Gruppenchef gewählt werden. Als Vorbild schwebt Paris die 'Eurogruppe' der Finanzminister vor. ... Wenn ein Schengen-Rat nationale Lähmungen überwindet und Kompromisse der Regierungen bringt, wäre er sinnvoll.“
Europas hinderliche Uneinigkeit
Das Grundproblem bleibt ungelöst, gibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu bedenken:
„Der wiederkehrende Streit über die Offenheit der Grenzen in der EU entspringt ja vor allem einem fundamentalen Dissens über die Einwanderung. Dass Länder wie Deutschland irreguläre Migranten aufnehmen wollen, während andere Europa abschotten möchten, wird sich nicht allein durch regelmäßige Debatten im Innenrat beseitigen lassen. Und sollte Macron die Wahl verlieren, dann wird die migrationsfreundliche Bundesregierung in dieser Frage aller Voraussicht nach keinen Partner mehr in Paris haben, sondern einen Gegner.“
Nichts als Pseudo-Offenheit
Da die innereuropäischen Grenzen in den vergangenen Jahren immer wieder geschlossen wurden, zuletzt wegen der Corona-Pandemie, ist der Schengenraum schon jetzt nur noch eine Illusion, kritisiert Jean Quatremer, Europa-Korrespondent von Libération:
„[Die EU-Kommission] versucht jedoch, den Schein zu wahren, indem sie die französischen Vorschläge übernimmt. So bedeutet eine 'politische Kontrolle' des Schengener Abkommens de facto, dass jedem Staat freigestellt ist, wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einzuführen. Und der Vorschlag, die Einreisebedingungen von Ausländern in einen Raum, in dem nicht Freizügigkeit, sondern kontrollierte Freizügigkeit herrscht, erneut zu verschärfen, bestätigt den Eindruck, dass sich Europa in eine Festung verwandelt. Auf dem Menü: Grenzen für alle.“