Was hat Investor Musk mit Twitter vor?
Tesla-Gründer Elon Musk will Twitter kaufen und hat dafür 43 Milliarden US-Dollar angeboten. Zuvor hatte er bereits 9,2 Prozent der Aktien gekauft, um zum größten Aktionär der Onlineplattform aufzusteigen. Der Multimilliardär hatte mehrfach kritisiert, Twitter würde die Meinungsfreiheit einschränken. Kommentatoren sorgen sich um die Zukunft des Dienstes.
Soziale Medien in die Verantwortung nehmen
Dass eine Einzelperson so großen Einfluss auf ein weltweit bedeutendes Medium ausüben kann, entsetzt Politiken:
„Es ist völlig absurd, dass es überhaupt möglich ist, dass Elon Musk anbieten kann, das Unternehmen zu kaufen und alle seine Inhaltsregeln fallen zu lassen. Sein Übernahmeangebot für Twitter ist eine schrille Alarmglocke, die Gesetzgeber in den USA und der EU aufwecken muss. Soziale Medien sind ein entscheidender Teil des öffentlichen Dialogs und sie haben bisher nicht die Verantwortung für die Verwaltung und Regulierung ihrer eigenen Inhalte. Vielleicht sollten sie wie alle anderen Medien für ihren Inhalt zur Verantwortung gezogen werden. Es eilt. Bevor Musk oder ein anderer reicher Mann ernsthaft die Zügel schleifen lässt.“
China könnte künftig ein Wort mitreden
Musk könnte Twitter nutzen, um sich weltweit für Meinungsfreiheit einzusetzen, hofft The Daily Telegraph, sieht aber auch einen Haken:
„Der Gründer von Paypal, SpaceX und Tesla ist politisch tolerant. ... Twitter mit Musk als Besitzer wäre eine Verbesserung, bis auf möglicherweise eine Ausnahme: Sein größtes Unternehmen, Tesla, ist für einen überwiegenden Teil seines Umsatzes und Wachstums und einen bedeutenden Teil seiner Produktion auf China angewiesen. Dessen Regierung ist aber dafür bekannt, Milliardäre auf einem Gebiet zu bestrafen, wenn sie an diese in einem anderen nicht rankommt. Was wird Musk tun, wenn Peking Anstoß an einem Twitter-Meme nimmt und Tesla bestraft?“
Eine Kultur zerstört sich selbst
Economia Online erwartet, dass Musk den Kanal für seine eigenen Zwecke nutzen wird:
„All dies dürfte zu einem beschleunigten Rückgang der Bedeutung von Twitter im öffentlichen Raum führen, wofür es bereits erste Anzeichen gibt. Wenn alles gut geht, wird dieser Prozess der Selbstzerstörung der letzte Atemzug einer Kultur und eines digitalen Wirtschaftsmodells sein, das Quantität höher bewertet als Qualität und alles einem unregulierten Werbemarkt unterordnet. Die Rechtsvorschriften, die in der Europäischen Union und anderswo in der Welt eingeführt werden, werden den Missbrauch des öffentlichen Raums begrenzen und einen gesünderen Wettbewerb ermöglichen.“
Launischer Despot und Geschäftsgenie
Trends-Tendances bezweifelt, dass Musks Plan, sich für mehr Meinungsfreiheit auf Twitter einzusetzen, den Nutzern zugute kommt:
„Die Frage ist, wie weit die Meinungsfreiheit gehen darf. Ohne Moderation kann die Freiheit des einen manchmal eine Gefahr für andere sein. Zudem werden Algorithmen so programmiert, dass sie Hassrede und beleidigenden Äußerungen mehr Sichtbarkeit verleihen - das Gegenteil von Demokratie. ... Und nun kontrolliert Elon Musk das kleinste, aber einflussreichste soziale Netzwerk. Wir müssen abwarten, was er daraus machen wird. Denn Elon Musk ist zwar ein Geschäftsgenie, aber ebenso ein launischer Despot, wenn es um sein Geschäft geht.“