Baltische Staaten: Russland begeht Völkermord
Die Parlamente der drei baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen haben am Donnerstag das Handeln Russlands in der Ukraine als Völkermord verurteilt - rund eine Woche nachdem US-Präsident Joe Biden Russland ebenfalls des Genozids in der Ukraine beschuldigt hatte. Kommentatoren fordern weitergehende Schritte.
Internationale Verurteilung muss folgen
Postimees findet, dass die Erklärung an sich zu wenig ist:
„Wirklich historisch wäre es, wenn ein Prozess zu einem internationalen Konsens führen würde, der die russische Aggression als Völkermord einstuft. Dafür braucht die internationale Öffentlichkeit nicht nur Deklarationen, sondern auch Argumente. Russland hat in der Ukraine Taten begangen, die laut Paragraph zwei der Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord als Kennzeichen dessen gelten. Laut Konvention können alle Staaten sich an die Uno und den Internationalen Gerichtshof wenden, wenn sie einen Verdacht auf Völkermord haben. Das sollte man als nächstes zusammen tun.“
Moskaus Ziel ist die Vernichtung
Kriegsverbrechen sind Teil von Russlands politischer Strategie, meint der Außenpolitikexperte Botond Feledy in Új Szó:
„Nehmen wir für einen Moment an, dass die russische politische Führung sich vorgenommen hat, den ukrainischen Widerstand für Jahrzehnte physisch zu vernichten und die Ukraine und die Ukrainer so weit wie möglich zu reduzieren. Wenn dies 'die Aufgabe' ist, was soll der Kreml tun? Ungefähr das, was wir jetzt sehen: ... Angriffe auf zivile Infrastruktur und massive Repressalien gegen die Zivilbevölkerung. ... Unser Denken wird hier herausgefordert: Es geht darum, ob wir begreifen können, dass diese Kriegsverbrechen Teil der politischen Ziele [des Kremls] sind.“
Größere Länder sollten auch mutig sein
Eesti Päevaleht hofft, dass die Entscheidung des estnischen Parlaments andere Länder inspiriert, offensiver die Ukraine zu unterstützen und Russland entgegenzutreten:
„Wenn das kleine Estland es wagt und kann, warum nicht auch große Länder wie Deutschland und Frankreich? Deutschland, dessen Außenministerin diese Woche ihre Position in Riga, Tallinn und Vilnius erklärt und ihre Unterstützung beteuert hat, hat in letzter Zeit wegen seiner Ukraine-Kühlheit und Russland-Liebe viel Kritik abbekommen. Sowohl zu Hause als auch im Ausland, auch von uns. Und zwar verdient, denn wenn Deutschland die Ukraine mit Waffen unterstützen und auf russisches Gas verzichten würde, könnte es den Ausgang des Krieges bestimmen.“