Orthodoxe Ostern: Feiern ohne Frieden
Wladimir Putin zeigt sich zu Feiertagen regelmäßig als frommer Besucher der orthodoxen Kirche, hatte eine Kampfpause für die Ukraine während des Orthodoxen Osterfestes am 24. April aber abgelehnt. Dabei hatte das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, mehrfach ein sofortiges Ende der Invasion gefordert. Europas Presse über Ostern im Krieg.
Nicht mal mehr am Schein interessiert
Patriarch Kyrill unterstützt Putin kritiklos und hat wie dieser die Aufrufe zu einer österlichen Kampfpause ignoriert, bemängelt der Theologe und ehemalige Außenminister Rumäniens, Teodor Baconschi, in Libertatea:
„Was leider zeigt, dass in Moskau kein Quäntchen echtes Christentum existiert, nicht einmal die Scheinheiligkeit einer intelligenten Propaganda. Seit sechs Wochen ist Putin in der gesamten freien Welt verhasst. Hätte er drei Tage 'Gottes Frieden' akzeptiert, wäre er zwar nicht plötzlich geliebt worden, aber es wäre ein minimaler Image-Coup gewesen. Seine Ablehnung zeugt von rabiater Panik, kompletter Entmenschlichung und totalem Desinteresse an der Wahrung des äußeren Scheins. ... Er kann nicht einmal mehr die guten Vorsätze vorspielen, die ihm den sicheren Weg zur Hölle pflastern.“
Das erste Kriegs-Ostern von vielen
Der Ukraine stehen noch mehrere Feiertage ohne Frieden bevor, fürchtet Novi list:
„Das, was in Mariupol geschieht und in den nächsten Tagen geschehen wird, könnte eine Generalprobe für das sein, was in der Ukraine weiter geschehen wird. Und da können weder der Patriarch Bartholomäus noch Papst Franziskus helfen, noch die Staatsmänner der Welt, die versuchen, die verbleibenden Reste der Diplomatie auszunutzen, um zu einem baldigen Kriegsende zu finden. ... Emmanuel Macronhat es aufgegeben, Wladimir Putin zum Aufhören zu bewegen. Olaf Scholz wehrt sich noch immer verzweifelt gegen allen Druck, sich von russischen Energiequellen loszusagen. ... Dies ist offenbar erst das erste Ostern von vielen, das die Ukrainer und die Russen in der Ukraine unter Granaten feiern werden.“
Warschau wird multikulturell
Journalist Jarosław Mikołajewski schildert in Gazeta Wyborcza seine Eindrücke aus Warschau, das nun auch die vielen geflüchteten Ukrainer prägen:
„Ich gehe vom U-Bahnhof Ratusz-Arsenał zur Altstadt, zum Museum, zur Arbeit, und vor mir - ein Strom von Menschen. ... Mit Körben, größer als die katholischen, schön ausgekleidet mit Servietten, mit Blumen. Es ist offensichtlich, aber ich erkenne es erst nach ein paar Sekunden: das Osterfest der Orthodoxen, der Unierten. Ich wünsche allen Frohe Ostern, und - wie es im Leben so ist, in jedem Kiez - einige Leute antworten, andere nicht. ... Ich spreche mit drei Männern, die Flugblätter verteilen. Sie kommen aus Schytomyr, aus Charkiw, aus Lwiw. Ich erfahre, dass in der Długa-Straße ein neues Gebetshaus in einer Wohnung untergebracht wurde. Heute hatte ich das Gefühl, in einer Stadt vieler Nationen zu leben. ... Es war ein gutes, euphorisches Gefühl.“