Polen lenkt ein: Disziplinarkammer wird aufgelöst
Wegen seiner umstrittenen Justizreform entgingen Polen blockierte EU-Gelder in Milliardenhöhe. Im Zentrum des Streits mit Brüssel stand vor allem die neue Disziplinarkammer am Obersten Gericht, durch die unbotsame Richter abgestraft werden konnten. Polens Parlament hat nun die Auflösung und Ersetzung des Gremiums beschlossen. Doch damit ist der Clinch noch nicht vom Tisch, meinen Kommentatoren.
Noch ist nicht alles in Ordnung
Die polnische Reform der Reform kann nur eine Teiltherapie für das erkrankte Justizwesen sein, betont der Deutschlandfunk:
„Die Abschaffung der Disziplinarkammer bietet zumindest die Chance, die Richterknebelung künftig zu verhindern. Viele weitere Aspekte der Justizreform – darunter die Besetzung des Verfassungsgerichts mit PiS-nahen Komplizen – bleiben aber unberührt, das Chaos bleibt in großen Teilen bestehen. Dennoch sollte Brüssel nun eine erste Tranche der Corona-Gelder nach Warschau fließen lassen. Polen und seine Menschen brauchen sie, etwa um ukrainische Geflüchtete zu versorgen. Weitere Auszahlungen sollten von einer konsequenten Reparatur des polnischen Rechtsstaats abhängig gemacht werden.“
Kein schneller Geldsegen aus Brüssel
Rzeczpospolita dämpft Hoffnungen auf eine sofortige Ausschüttung der EU-Mittel:
„Alles deutet darauf hin, dass noch vor dem 2. Juni, wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Polen eintrifft, unser nationaler Aufbauplan von Brüssel endgültig genehmigt wird. Damit werden wir in der Lage sein, rund 36 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds zu nutzen. Das ist eine gute Nachricht für die Unternehmen und die Wirtschaft. ... Die Frage ist aber, wann der Aufbauplan in Gang kommt und wann die EU beginnt, uns das Geld auszuzahlen. Wie sich zeigt, müssen nämlich noch verschiedene formale Schritte abgeschlossen werden, was wohl mehrere Monate in Anspruch nehmen wird.“