Massiver Gletscherbruch in den Alpen
Ein Gletscherunglück in den Dolomiten erschüttert Italien: Sieben Menschen konnten nur tot geborgen werden, nachdem eine Lawine aus Eis, Schnee und Fels am Sonntag unterhalb des Gipfels der Marmolata, dem höchsten Berg der Dolomiten, herabgestürzt war. Acht Bergsteiger wurden verletzt, zahlreiche werden noch vermisst. Die Presse beklagt den Klimawandel und Versäumnisse.
Das Drama spielt sich hier und jetzt ab
Die Italiener haben den Klimawandel unterschätzt, stellt der Schriftsteller Paolo Gognetti in La Repubblica fest:
„Es handelt sich um eine Tragödie, die es in den Alpen seit Menschengedenken nicht gegeben hat und deren genaues Ausmaß noch nicht bekannt ist. Wir wissen jedoch bereits, dass es sich um die erste Alpen-Tragödie handelt, die zweifelsfrei auf die vom Menschen verursachte Klimakrise zurückgeführt werden kann. Dieser Temperaturanstieg, von dem wir seit Langem als ein Problem der Zukunft sprechen, das uns relativ betrifft, hat nun hier in Italien, auf einem der beliebtesten Berge des Landes, die ersten Todesopfer gefordert: Das Drama spielt sich nicht mehr im Jahr 2100 oder wer weiß wann ab, sondern hier und jetzt.“
Ausbeuter sind mitschuldig
Nicht nur der Klimawandel ist hier das Problem, wirft Corriere della Sera ein:
„Der immer schneller werdende Gletscherschwund und die gestrige Tragödie lassen einen erschaudern. ... Einmal mehr, wenn man an diejenigen denkt, die in den letzten Jahren versucht haben, den scheinbar immerwährenden Gletscher noch mehr auszubeuten. Vermutlich haben sie auch die Umweltschützer ausgelacht, die zum Beispiel den Vorschlag, einen riesigen Skilift-Mast zu bauen, damit die Skifahrer der mythischen Sellaronda-Runde [eine 26 Kilometer lange Piste im Herzen der Dolomiten] ihre Route bis zur Marmolata verlängern können, als Wahnsinn bezeichnet haben. Bezeichnend ist der Satz eines Bürgermeisters: Der Gletscher Marmolata sei groß, er könne leicht eine Verdoppelung der Skifahrer verkraften.“
Bewusstsein für alle Opfer schärfen
Das Unglück sollte als Weckruf dienen, die Leidtragenden der Erderwärmung rund um den Globus besser zu schützen, findet Le Temps:
„Dem jüngsten Bericht des Weltklimarats zufolge war die Sterblichkeitsrate infolge von Überschwemmungen, Trockenheit und Unwettern in für die Folgen des Klimawandels stark anfälligen Regionen – insbesondere in Subsahara-Afrika, Südasien, Mittel- und Südamerika, aber auch in den kleinen Inselstaaten - 15 Mal höher als in weniger betroffenen Gebieten. Viele dieser Opfer bleiben schmerzhafterweise anonym, doch das in den italienischen Alpen vorgefallene Drama sollte unser Bewusstsein für diese 'Todesopfer der Erderwärmung' schärfen und uns dazu bewegen, ihre Anzahl durch unser Handeln zu begrenzen.“