Vertagt Polen den Gedenkstreit mit der Ukraine?

Am 11. Juli gedenkt Polen der Opfer des Massakers von Wolhynien. Ukrainische Nationalisten ermordeten 1943 Zehntausende polnische Zivilisten in der von der Deutschen Wehrmacht besetzten heutigen Westukraine. Das Ereignis belastet das Verhältnis zwischen Polen und Ukrainern seit Jahrzehnten. In diesem Jahr schlagen polnische Kommentatoren angesichts des russischen Krieges gegen die Ukraine allerdings versöhnliche Töne an.

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Rzeczpospolita (PL) /

Erinnern ohne Instrumentalisierung

Der Publizist Michał Szułdrzyński schreibt in Rzeczpospolita:

„Der Jahrestag des Völkermordes in Wolhynien bewegt in diesem Jahr die Gemüter ganz besonders. Meiner Meinung nach etwas zu sehr. Natürlich hängt dies mit den Äußerungen des ehemaligen ukrainischen Botschafters in Berlin, Andriy Melnyk, zusammen, der dieses Verbrechen relativiert hat. ... Was ist also zu tun? Erinnern, der Ukraine unsere Erwartungen klar mitteilen, aber auch geduldig sein. Wir sollten bei dieser Gelegenheit auch der Ukrainer gedenken, die während des Massakers ihre polnischen Nachbarn gerettet haben, selbst unter Einsatz ihres eigenen Lebens. ... Die Instrumentalisierung des Gedenkens an Wolhynien, vor allem heute, bringt nichts Gutes. ... Weder den Polen noch den Ukrainern.“

wPolityce.pl (PL) /

Unsere Freunde haben jetzt gerade andere Sorgen

Wiesław Prostko, Mitglied der rechten katholischen Partei Prawica Rzeczypospolitej, fordert in wPolityce Verständnis für die Ukraine:

„Erwarten wir nicht von unseren Freunden, den Ukrainern, dass sie in dieser Zeit des patriotischen Aufbruchs, der sie ein so großes Blutopfer kostet, und der Stärkung ihres Nationalgefühls, gerade jetzt mit uns unsere gemeinsame Tragödie mitempfinden. Mit Gottes Hilfe wird dies in Zukunft möglich sein, aber heute ist es unsere Aufgabe, großmütig zu sein und ihr tragisches Schicksal zu verstehen. Somit: Wir erinnern an Wolhynien, den Opfern Gedenken und Ehre! Und gleichzeitig: Ruhm der freien Ukraine!“