Italien: Welche Rolle spielt Putin in der Krise?
Nach dem Sturz der Draghi-Regierung ist nun eine zentrale Wahlkampffrage, ob der Kreml die Finger mit im Spiel hat: Laut La Stampa hat sich ein russischer Diplomat Ende Mai mit einem Berater von Lega-Chef Matteo Salvini getroffen – und diesen geradeheraus gefragt, ob die Partei beabsichtige, ihre Minister aus der Koalition abzuziehen. Salvini sagt, da sei nichts dran - aber die Presse ist alarmiert.
Die Lega zur Rede stellen
Der Chefredakteur von La Stampa, Massimo Giannini, verlangt Aufklärung:
„Die vertraulichen Gespräche zwischen Antonio Capuano, dem Abgesandten der Lega, und Oleg Kostjukow, der Nummer zwei der russischen Botschaft in Rom, bestätigen die Existenz einer besonderen Verbindung zwischen dem Kreml und der Lega. Sie werfen auch ein neues und anderes Licht auf Draghis Sturz. Daher muss die Lega dem Parlament und dem Land ein für alle Mal ihre 'gefährlichen Beziehungen' in der Außenpolitik erklären. … Gewiss ist, dass es bei La Stampa keine 'dummen Diener' der Linken gibt. Und zu hoffen ist, dass es in der Lega keine 'nützlichen Idioten' Russlands gibt.“
Moskau will EU und Nato spalten
Der Kreml verfolgt das Ziel, über eine Einmischung in die italienische Innenpolitik die westliche Einigkeit zu torpedieren, erklärt La Repubblica:
„Es ist die Strategie des 'langen Krieges', die den Wert Italiens für den Kreml erklärt: Sollte die neue Regierung beschließen, die Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen oder die Anwendung von Sanktionen gegen Russland auszusetzen, hätte dies beträchtliche Auswirkungen auf die euro-atlantische Koalition, da dank Rom ein noch nie dagewesener Bruch innerhalb der Nato und der EU entstünde. Darauf könnte dann das Narrativ eines anderen Europas aufgebaut werden, das sich - im Schulterschluss von Italien und Ungarn - von Brüssel und Washington entfernt.“
Ganz Europa muss wachsam sein
ABC warnt Europa vor Putins subversiver Allianz mit rechts- oder linkspopulistischen Parteien:
„Die Enthüllungen der italienischen Presse über die Kontakte der Lega zum Kreml zeigen nicht nur die Bereitschaft Moskaus, sich in die Innenpolitik liberaler Demokratien einzumischen, sondern bestätigen auch seinen Plan, populistische Parteien in der EU – egal ob links oder rechts – zu nutzen, um Spaltungen in Brüssel zu provozieren. ... Nicht nur die Italiener müssen sich Sorgen machen. ... Die Europäische Union als Ganzes muss wachsam sein gegenüber Moskaus Vorhaben, sie von innen heraus zu destabilisieren, indem es mit dem Populismus zusammenarbeitet und auf der Krise und der Unzufriedenheit aufbaut, die sein Krieg bereits ausgelöst hat.“