Uiguren: UN erheben schwere Vorwürfe gegen China
Wenige Minuten vor Ablauf ihrer vierjährigen Amtszeit hat die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet den lange erwarteten Bericht zu mutmaßlicher Folter und Misshandlung der Uiguren im chinesischen Landesteil Xinjiang vorgelegt. Die gegen China erhobenen Vorwürfe seien "glaubhaft" und könnten "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" darstellen, heißt es darin. Was muss jetzt folgen?
Ungeschönter Bericht
Endlich brechen die Vereinten Nationen ihr Schweigen, lobt Le Soir:
„Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte war äußerst schweigsam geblieben gegenüber dem, was eine große Krise der Menschenrechte zu sein schien, die von einem Unterzeichnerstaat der internationalen Verträge und Konventionen geplant und durchgeführt wurde. … Viele befürchteten eine Verwässerung des Textes aufgrund des unablässigen Drucks des mächtigen Chinas. Das ist zum Glück nicht der Fall: Der Bericht prangert klar die von der chinesischen Regierung begangenen schlimmen und vielfältigen Misshandlungen an. Und weist darauf hin, dass diese 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' darstellen können.“
Der Druck aus Peking wird zunehmen
Der Zeitpunkt und die Umstände der Veröffentlichung bereiten der Neuen Zürcher Zeitung Sorge:
„Wäre das Dokument unter Verschluss geblieben, hätte dies ein verheerendes Signal gesetzt ... . Es wäre einem Kotau vor Chinas Regime gleichgekommen. Gleichwohl muss man sich um die Handlungsfähigkeit des Hochkommissariats für Menschenrechte sorgen. Im Verbund mit anderen Autokratien baut China seinen Einfluss im Uno-System ständig aus. Der von Bachelet beklagte Druck wird nicht ab-, sondern zunehmen. Die demokratische Staatenwelt muss daher zusammenstehen und ihre Werte verteidigen.“
Hoffentlich weniger Auslieferungen
Dass die Kritik nicht völlig wirkungslos verpuffen wird, hofft Der Standard:
„Natürlich schert der Bericht das chinesische Regime, das das Lagersystem und die digitale Überwachung seit Jahren leugnet, wenig. Präsident Xi Jinping wird deswegen weder die Lagerhaft noch die Überwachungsdystopie beenden. Wirkung aber könnte der Bericht in Ländern entfalten, die noch erwägen, Uiguren nach China auszuliefern. Dazu zählen auch viele islamische Staaten, die sich sonst gerne auf muslimische Solidarität berufen, wenn es ihren machtpolitischen Interessen dient, bei den Uiguren aber schweigen.“
Auch die arrogantesten Machthaber können fallen
Es darf nicht bei diesem einen Bericht bleiben, fordert Politiken:
„Wir müssen darauf bestehen, dass die Uno ihre Arbeit fortsetzt - mehr Delegationen entsendet, mehr Anhörungen abhält und mehr Beweise dafür sammelt, was laut dem Bericht Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnte. Denn derzeit gibt es zwar keine Aussicht auf einen internationalen Strafprozess gegen Chinas Machthaber. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt: Verbrechen gegen die Menschlichkeit können selbst die Arrogantesten und Mächtigsten einholen. ... Schließlich muss der Westen alles tun, um den Uiguren zu helfen. Gebt ihnen Asyl. Unterstützt ihre Organisationen.“
Juristisch untersuchen und wirtschaftlich strafen
Die Unterdrückung der muslimischen Minderheit sollte für China endlich konkrete Folgen haben, fordert The Times:
„Der Westen muss über die verbale Verurteilung hinausgehen, wie sie von der britischen Außenministerin Liz Truss und anderen geäußert wurde. China sollte vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gebracht werden. Selbst wenn dieser China juristisch nichts aufzwingen und die Folterer nicht zur Rechenschaft ziehen kann, so wäre er doch zumindest in der Lage, das Ausmaß der Unterdrückung zu dokumentieren. ... Es gibt bereits Bestrebungen, Baumwollprodukte zu sanktionieren, die in Xinjiang mit uigurischer Zwangsarbeit hergestellt wurden. Härtere Maßnahmen können und sollten ergriffen werden, um den chinesischen Exporten zu schaden.“