Moskau: Journalist Safronow zu 22 Jahren verurteilt
Der Journalist Iwan Safronow ist in Moskau zu 22 Jahren Straflager verurteilt worden. Ihm wird vorgeworfen, Militärgeheimnisse an ausländische Geheimdienste verraten zu haben. Safronows Unterstützer sammelten hingegen Beweise, dass alle Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammten. Kommentatoren sehen einen weiteren Schlag gegen die Presse- und Meinungsfreiheit.
Ein aufrechter Kollege in schwersten Zeiten
Die Redaktion von Kommersant wendet sich mit einem unterstützenden Brief auf der Titelseite direkt an ihren Mitstreiter:
„Wanja, du bist ein echter Journalist. Ein großer Profi. Ein sehr guter Mensch. Wir haben öffentlich keinerlei Beweise deiner Schuld gesehen. Und wir sind uns sicher: In anderen Zeiten und Verhältnissen wärst du freigesprochen worden. Und ein solches Verfahren wäre erst gar nicht möglich. Doch man kann sich nicht aussuchen, zu welcher Zeit man lebt. Aber wählen, wer man in diesen Zeiten sein möchte. Du hast deine Wahl getroffen. Diese zwei Jahre [in Untersuchungshaft] warst du ein Vorbild an Würde. Du hast nicht klein beigegeben und tust es jetzt nicht. Wir wissen, dass du alle Prüfungen durchstehst. ... Wir warten auf dich.“
Das Regime braucht Angst und Denunziation
Nun geht es auch regimetreuen Journalisten an den Kragen, meint der Publizist Witali Portnikow in Krim.Realii:
„Ein autoritäres Regime muss nicht nur seine Feinde, sondern - wichtiger noch - auch seine Anhänger vernichten. Nur dann entsteht in der Gesellschaft eine Atmosphäre der Angst und der Denunziation, die dich nicht zu einem Anhänger, sondern zu einem Sklaven der autoritären Macht macht. ... Die Bolschewiki hatten eine Atmosphäre des Terrors in der Gesellschaft geschaffen. Doch nur wenige Jahre nach ihrem Sieg im Bürgerkrieg begannen sie, ihre eigenen Leute umzubringen. ... Safronow ist erst der Anfang. Ich bin mir sicher, dass wir noch viele hochrangige russische Politiker, Propagandisten, Militärs und Wissenschaftler auf der Anklagebank sehen werden.“
Putin duldet keine unabhängigen Stimmen
Echte Berichterstattung wird in Russland immer schwerer, klagt Corriere del Ticino:
„Das zeigt die Verurteilung des Journalisten, der für Zeitungen wie Kommersant und Wedomosti gearbeitet hat, zu 22 Jahren Haft in einem Prozess hinter verschlossenen Türen (so viel zum Thema Transparenz). Am selben Tag hatte ein anderes Moskauer Gericht die Lizenz der vom Nobelpreisträger Dmitri Muratow geleiteten Zeitung Nowaja Gaseta für ungültig erklärt. Ein absurder Vorwand, um eine der wenigen freien Stimmen Russlands dauerhaft zum Schweigen zu bringen. Auf diese Weise kann Putin weiterhin das 'Einheitsdenken' seines diktatorischen Regimes in Bezug auf die Ursachen des Krieges in der Ukraine äußern, ohne Widerspruch an der innenpolitischen Front fürchten zu müssen.“