Die Queen ist tot: Wie geht es nun weiter?
Königin Elizabeth II., die langgedienteste Monarchin der britischen Geschichte, ist tot. Sie starb am Donnerstag im Alter von 96 Jahren im Beisein ihrer Familie auf ihrem Landsitz Schloss Balmoral in Schottland. Vor drei Monaten hatte sie ihr Platin-Thronjubiläum gefeiert. Europas Presse würdigt die Monarchin, wirft aber auch einen fragenden Blick auf ihre Regentschaft und ihren Nachfolger, Charles III.
Ihre beruhigende Präsenz wird fehlen
Der Tod von Elizabeth II. kam nicht überraschend, dürfte die Nation aber dennoch verunsichern, schreibt The Guardian:
„Und das ist wohl niemals wahrer als in einem Moment, in dem dieser Tod mit einer neuen Premierministerin und einer sich abzeichnenden Wirtschaftskrise zusammenfällt. Es hat etwas schrecklich Ergreifendes, dass die Queen darauf bestand, noch persönlich Liz Truss ins neue Amt zu führen, obwohl sie, wie wir jetzt wissen, im Sterben lag. Die Queen ist im Lebenshintergrund von Millionen Menschen seit 70 Jahren eine beständige und stabile Präsenz und beruhigende Stimme in unruhigen Zeiten gewesen. Die Tiefe des von ihr über Jahrzehnte angesammelten Wissens wird vielleicht erst jetzt vollständig gewürdigt werden.“
Sie gewann irische Herzen
Auch die Iren trauern um die Queen, bemerkt Irish Independent:
„Ihr Besuch in Irland im Jahr 2011 war ein Wendepunkt in den anglo-irischen Beziehungen. Sie war die erste britische Monarchin, die nach 100 Jahren angespannter Beziehungen das Eis zwischen den Ländern zum Schmelzen brachte. Reden, in denen sie Fehler und eine 'traurige und bedauerliche Geschichte' einräumte, waren ehrlich und mitfühlend. Dass sie offen den 'Wunsch, dass Dinge anders oder gar nicht gemacht worden wären' zum Ausdruck brachte, war eine Botschaft der Heilung und Hoffnung. Aus diesen Gründen wird sie im irischen Volk voller Zuneigung erinnert werden. Das Land wird mit der großen Trauer ihrer Familie und der Menschen im Vereinigten Königreich mitfühlen.“
Zu viel geschwiegen
Die Königin hätte die negativen Folgen des Kolonialismus viel klarer benennen sollen, meint Avvenire:
„Elisabeth sah alles - und fast alles vermied sie zu beurteilen. Sie hielt sich an ein Protokoll, das sie sich seit ihrer Krönung auferlegt hatte: zu schweigen. Und viele, zu viele Dinge hat sie verschwiegen, oder vielleicht nur ihren Premierministern zugeflüstert. Viele, zu viele Male verschloss sie die Augen vor den Untaten eines Landes, das sich nur schwer vom Kolonialismus zurückziehen konnte, der die Weltkarte mit rosafarbenen Kronkolonien zierte: aus Indien, aus Suez und aus dem Nahen Osten, wo die Grenzen von Syrien, Libanon, Jordanien, Irak, Palästina rücksichtslos mit einem Lineal gezogen worden waren.“
Hohe Erwartungen an die Nachfolger
Deník hofft, dass die Repräsentanten der Monarchie weiterhin als vermittelnde und verbindende Kräfte Erfolg haben:
„Elisabeths Thronfolger werden es nicht leicht haben, denn die Queen hat die Messlatte sehr hoch gelegt. Aber wie es Elisabeth II. gelungen ist, die Beziehung zu den ehemaligen Kolonien erfolgreich in ein funktionierendes Commonwealth umzuwandeln, könnte Großbritanniens neuer Monarch etwas Ähnliches versuchen: dabei helfen, eine gute neue Partnerschaft zwischen seinem Königreich und der Europäischen Union zu finden. Sowohl Großbritannien als auch die Union würden das in der Zeit, in der wir leben, dringend brauchen.“
Der neue König wird neue Schwerpunkte setzen
Wie sehr Charles III. die Umweltpolitik auf die Agenda seines Königreichs setzen wird, fragt sich Rzeczpospolita:
„Als scharfer Beobachter der gigantischen zivilisatorischen Veränderungen, die sich im Laufe seines Lebens vollzogen haben, spricht er seit Jahren offen über die Herausforderungen, vor denen heutige und künftige Generationen stehen. ... Steht Großbritannien mit der Thronbesteigung von Charles vor einer großen grünen Revolution? Das ist schwer zu sagen, denn nicht alle seine Projekte werden von seinen zukünftigen Untertanen mit Begeisterung aufgenommen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Charles als König ein Auge darauf haben wird, ob groß angelegte Investitionen in krassem Gegensatz zu den Ansichten stehen, die er fördert.“