Vorsitzende der türkischen Ärztekammer verhaftet
Die türkische Menschenrechtlerin Şebnem Korur Fincancı ist wegen "Terrorpropaganda" verhaftet worden. Sie hatte einem PKK-nahen TV-Sender gegenüber erklärt, der mutmaßliche Einsatz chemischer Waffen gegen die PKK durch die Türkei im Nordirak müsse unabhängig untersucht werden. Präsident Erdoğan hatte deswegen ihre Entlassung als Vorsitzende der Ärztekammer gefordert. Kommentatoren wittern politische Motive.
Erdoğan braucht neue Feinde
Fincancıs Forderung ist legitim und in keiner Weise eine Straftat, betont T24:
„Wir wissen, warum Erdoğan und sein Juniorpartner vor den Wahlen neue Feinde und Feindseligkeiten schaffen. Es wundert uns auch nicht mehr, dass an diesen Bemühungen die Justiz beteiligt ist, die eigentlich unabhängig sein sollte. Sobald eine Person vom Regime beschuldigt wird, spielt es keine Rolle mehr, wie sie sich verteidigt, ob sie die mutmaßliche Tat begangen oder was sie tatsächlich gesagt hat. ... Ihre Entlassung zu fordern, ohne überhaupt abzuwarten, ob das Gericht sie für schuldig befindet oder nicht, ist eine weitere juristische Schande. Fincancı ist nicht die erste Person, die vom Erdoğan-Regime unschuldig ins Gefängnis geworfen wurde, und bis zu seiner Wahlniederlage wird sie auch nicht die letzte sein.“
Verhaftung schadet mehr, als sie nützt
Ein rechtsstaatliches Verfahren hätte kaum dieselbe internationale Aufmerksamkeit erregt, bemerkt Karar:
„Die Generalstaatsanwaltschaft von Ankara hätte Fincancı vorladen können, damit sie eine Aussage ablegt. Fincancı hätte dem Staatsanwalt erklärt, auf welcher Grundlage sie die Anschuldigungen gegen ihren eigenen Staat, ihr eigenes Land erhoben hatte. So einfach ist das. Doch was für ein Bild hat sich jetzt ergeben? Präsident Erdoğan und MHP-Führer Bahçeli griffen an, die Justiz schritt ein und das Gericht erließ einen Haftbefehl gegen Şebnem Korur Fincancı. Ist unsere Justiz unabhängig und unparteiisch? Sollen wir unserer Justiz vertrauen? Und noch wichtiger: Bringt ein solches Bild der Justiz einen Mehrwert oder schadet es dem Ruf der Türkei auf internationaler Ebene?“