Klimawandel: Wie radikal darf der Protest sein?
Blockierte Autobahnen, besetzte Universitäten und beschmierte Gemälde: International suchen Klimaaktivisten neue Formen, auf die Dringlichkeit zum Handeln hinzuweisen. Kommentatoren sehen das mit gemischten Gefühlen.
Das überzeugt niemanden
Im Leopold Museum in Wien haben Aktivisten ein Kunstwerk von Gustav Klimt mit Öl begossen. Der Standard hält die Strategie für verbesserungswürdig:
„Kein angepatztes Gemälde wird irgendeinen SUV-Besitzer dazu bringen, aufs Fahrrad umzusteigen. … Die Wut der Letzten Generation und anderer endzeitlich gestimmter Gruppen über hinhaltende, halbherzige Pseudoklimamaßnahmen der Politik ist nachvollziehbar. Bei der Klimakonferenz wird gerade eher über Entschädigungszahlungen an die Länder des Globalen Südens diskutiert als über den Stopp des Klimawandels an sich. Es muss aber bessere Methoden geben, die Politik zum Handeln zu zwingen, als PR-getriebene Maßnahmen gegen Kunstgegenstände, die ausgesucht wurden, weil sie 'ikonisch' sind.“
Diesen Marathon gilt es gemeinsam zu laufen
In Portugal haben Klimaaktivisten Universitäten besetzt und fordern den Rücktritt des Wirtschaftsministers António Costa Silva, der zuvor als Spitzenmanager in der Ölindustrie tätig war. Jornal de Notícias ruft zur Mäßigung auf:
„Es ist klar, dass die jüngeren Generationen durch das Scheitern des Klimagipfels alles zu verlieren haben und dass ihre Stimme gehört werden muss. Doch das Ende der fossilen Brennstoffe zu verkünden, ist eine Illusion, ähnlich der Erklärung einer Miss Universe, die nach ihrem Sieg zum Weltfrieden aufruft. Es ist ein Weg, den wir Stück für Stück gehen müssen. Die Frage ist, wie schnell wir das tun. Es kann kein 100-Meter-Sprint sein, es ist eher ein Marathon, der sich über Jahrzehnte zieht.“
Auch wilder Protest ist von der Verfassung gedeckt
Die CDU fordert härtere Strafen für Klimaaktivisten, die in Deutschland den Straßenverkehr blockieren. Dem hält tagesschau.de entgegen:
„[D]as Bundesverfassungsgericht hat seit den Sitzblockaden gegen das Atomkraftwerk Brokdorf immer wieder gesagt: Allein sich auf die Straße zu setzen und den Verkehr zu blockieren, ist noch keine Gewalt und von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Karlsruhe schützt damit ausdrücklich das Wilde, Unbequeme, Rabiate des demokratischen Protests. Wie gesagt: Wenn diesem Protest der wilde Aufschrei wichtiger ist als Leib und Leben, dann ist eine Grenze überschritten und die Strafjustiz zur Stelle. Andererseits ist der friedliche Klimaprotest so richtig und wichtig wie nie zuvor.“