Estland: Künftig nur noch Estnisch im Unterricht
Das estnische Parlament hat am Montag ein Schulgesetz verabschiedet, mit dem schrittweise zu Estnisch als einziger Unterrichtssprache gelangt werden soll. Die Übergangsphase soll von 2024 bis 2030 dauern. Kommentatoren bewerten mögliche Auswirkungen für die russischsprachige Minderheit sehr unterschiedlich.
Ein brutales Experiment
Maria Jufereva-Skuratovski, Politikerin der der russischsprachigen Minderheit nahestehenden Zentrumspartei, übt in Eesti Päevaleht scharfe Kritik an der Reform:
„Laut Experten, die im Unterschied zu Politikern täglich in Schulen und Kindergärten arbeiten, ist das Gesetz überhaupt nicht durchdacht. Der katastrophale Mangel an Lehrern und Methodik kann das Schulsystem gefährden und dazu führen, dass ein Teil der Kinder einfach nicht mit der Aufgabe klarkommt, in einer anderen Sprache zu lernen. In der jetzigen Form erinnert das alles an ein brutales Experiment, das zur Folge hat, dass viele Kinder aus dem Bildungssystem herausfallen und die Reihen der NEET-Jugend (not in education, employment or training) aufstocken.“
Eine Chance für die russischsprachigen Kinder
Der Chefredakteur der russischsprachigen Version von Postimees, Sergei Metlev, freut sich über die Angleichung der Lage im Schulwesen:
„Viele Absolventen konnten sich in Estland nicht verwirklichen. Viele Vorurteile und Probleme sind entstanden, weil die Sprachkenntnisse schwach und soziale Netzwerke mangelhaft waren. Talente sind verloren gegangen oder ausgewandert, Spannungen blieben, dahinter Armut und Bitterkeit. Trotz aller Schwierigkeiten bei der Umsetzung ist der Grundstein unserer Zukunft ein Schulwesen, das auf der besten europäischen Pädagogik beruht, frei von Segregation und estnischsprachig ist. Für alle.“