King Charles' erste Auslandsreise: Berlin statt Paris
König Charles III. ist angesichts der heftigen Proteste gegen die französische Rentenreform nicht wie ursprünglich geplant nach Paris gereist. Präsident Macron nannte die von Großbritannien und Frankreich gemeinsam beschlossene Absage "gesunden Menschenverstand". Damit wird der Besuch am heutigen Mittwoch in Berlin Charles' erster Staatsbesuch als König. Kommentatoren sehen darin viel Symbolkraft.
Diplomatische Ohrfeige
Dass Charles nun Berlin und nicht Paris besuchen wird, ist peinlich für Macron, findet Magyar Hírlap:
„Die traditionelle Methode der britischen Diplomatie besteht darin, in kontinentalen Konflikten immer die schwächere Seite zu unterstützen, damit die andere nicht zu mächtig wird. In diesem Fall ist Frankreich die schwächere Partei und Deutschland die stärkere. Die EU wurde bisher von der Achse Paris-Berlin dominiert. ... Seit einiger Zeit gibt es jedoch eine Rivalität zwischen Paris und Berlin, wobei jeder versucht, auf Kosten des anderen mehr Einfluss in der EU zu gewinnen. ... In diesem Kontext muss man die Absage des königlichen Besuchs interpretieren, die für die Franzosen sehr peinlich und für Macron sogar eine große diplomatische Ohrfeige ist.“
Darauf hat Macron nicht gern verzichtet
Die Entscheidung zeigt für Libération, wie sehr Frankreichs Präsident in der Defensive ist:
„Der Staatschef hat sicher die negative Wirkung in Betracht gezogen, die ein prunkvoller Empfang in Versailles auf die öffentliche Meinung und die Demonstranten gehabt hätte. ... Das mag 'gesunder Menschenverstand' sein, vielleicht aber auch das Eingeständnis einer immer unbequemeren Situation des Präsidenten, der mit der heftigsten sozialen Bewegung seit der Gelbwesten-Krise 2018-2019 konfrontiert ist. … Es ist eine bittere Schlappe für den Staatschef, der aus solchen Empfängen das Instrument einer französischen Soft Power gemacht hat, die sich an seine ausländischen Gäste wendet, aber auch an die öffentliche Meinung im Land, die stets auf das Image Frankreichs im Ausland bedacht ist.“
Die Destruktiven haben in Frankreich das Sagen
Dass ein Staatsoberhaupt bei einem Besuch in Frankreich offenbar nicht sicher ist, findet Baron Daniel Finkelstein, konservatives Mitglied des britischen House of Lords, in The Times frappierend:
„Man hielt es für unklug, dass der französische Präsident in Versailles König Charles trifft, weil es die Franzosen an die Monarchie erinnern würde. ... Weil die Revolution als französisches Kulturgut gefeiert wird, hält es jede Generation für opportun, politische Fragen auf der Straße auszukämpfen. Ein Verhalten, das als heilige französische Tradition gilt. ... Aber das ganze Toben ist schlimmer als nur sinnlos. Es bedeutet, dass politische Ergebnisse von den Stärksten, Leichtsinnigsten und Destruktivsten bestimmt werden. Das macht ein solches Verhalten letztlich zum Feind der Freiheit.“