Was wollen Macron und Von der Leyen von China?
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach China gereist, um Präsident Xi Jinping zu treffen. In einer Rede vorab würdigte Macron die chinesische Friedensinitiative für die Ukraine und betonte, Europa müsse den Dialog mit China weiter vorantreiben, weil es falsch sei, ihn Russland zu überlassen. Europas Presse meint überwiegend, dass Dialog auch in Pekings Interesse ist.
Überzeugender im Doppelpack
Geschickt, dass Macron die EU-Kommissionspräsidentin mit ins Boot geholt hat, findet Les Echos:
„Diese Anekdote erzählt François Hollande: Xi Jinping fragt bei Treffen mit Regierenden anderer Staaten im Wesentlichen Folgendes: Wie viele Einwohner hat Frankreich? ... Damit ruft er in Erinnerung, dass er selbst 1,3 Milliarden Menschen regiert und daher unendlich mehr Gewicht hat. … Daher ist es eine gute Idee, dass der Élysée-Palast Ursula von der Leyen vorgeschlagen hat, mit nach Peking zu kommen: Zu zweit zählen sie (vielleicht, sicher ist es nicht) mehr, wenn es darum geht, den chinesischen Präsidenten davon zu überzeugen, seine Unterstützung für Wladimir Putin zu mäßigen. ... Es ist auch ein Mittel, China vom Versuch abzubringen, die Europäer zu spalten.“
EU wichtiger als Russland
Der französische Präsident sollte die Führung in Peking überzeugen, dass Moskau der falsche Partner für sie ist, rät The Irish Times:
„Macrons Berater behaupten, dass der Präsident China als das einzige Land ansehe, das in der Lage sei, einen 'radikalen und unmittelbaren Einfluss' auf den Ukraine-Konflikt zu nehmen - und dass sich die chinesische Sicht auf den Krieg noch endgültig herauskristallisieren müsse. Das verschaffe Frankreich Spielraum, China von Russland wegzudrängen, insbesondere was das Thema Waffenlieferung angehe. ... Macrons Herausforderung wird darin bestehen, Xi davon zu überzeugen, dass China mehr zu gewinnen hat, wenn es seine Verbindungen zu den dynamischen und wohlhabenden Märkten Europas stärkt, und nicht jene zu Moskau.“
Die Zahlen sprechen für sich
Pekings Freundschaftsbekundungen zu Moskau sollte man nicht überbewerten, betont auch Radio Kommersant FM:
„Es wäre für Peking höchst nachteilig, offen mit dem Westen zu streiten. Warum? Weil Chinas Wirtschaft exportabhängig ist. Eben kam die neueste Statistik für 2022 herein: Chinas Handelsumsatz mit der EU und den USA betrug trotz der offensichtlichen - und manchmal ins Persönliche gehenden - Verschlechterung der Beziehungen 1,6 Billionen Dollar - achtmal mehr als mit Russland. ... Die Alte Welt nimmt in den Beziehungen zu China eine sanfte Position ein, ohne Druck. Damit ist Macron angereist ... So ist es halt manchmal im Leben, nicht nur in der Politik: Jemand schwört dir endlose Freundschaft, aber das hindert ihn nicht, mit deinem Feind Geschäfte zu machen.“
Bloß nicht die Tür zuschlagen
Erhebliche Distanz zwischen China und Europa wird bleiben, glaubt La Stampa:
„China und Europa stehen vor einer Tür, die keiner von beiden schließen will. Und auch wenn sie sich nicht einig sind, wie weit sie offen bleiben soll, sind sie bestrebt, jedes Zeichen auszumachen, das der Bemühung dient, sie nicht zuzuschlagen. Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen sind mit einem erklärten Ziel in Peking eingetroffen: Distanz zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin zu schaffen. Sie treffen auf ein China, das Distanz zwischen der EU und den USA schaffen will. Sie alle sind sich bewusst, dass die Distanzen bestehen bleiben werden, aber niemand will sie unüberbrückbar machen.“