Schweiz: Gender-Tag an Schule löst Shitstorm aus
Eine Schule in Stäfa im Kanton Zürich musste diese Woche ihren seit zehn Jahren stattfindenden Gender-Tag absagen. Dabei sollten "gesellschaftliche Rollenbilder" und "Fragen der Gleichstellung" diskutiert werden. Nachdem Politiker der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) öffentlich Kritik geübt hatten, kam es zu einem Shitstorm und massiven Drohungen. Kommentatoren beklagen die zunehmende Aggressivität in Debatten.
Importierter Kulturkampf
Die Anti-Gender-Kampagne ist unschweizerisch, findet die Aargauer Zeitung:
„Gewählte Politiker befeuern Hetze gegen Sozialarbeitende und Lehrkräfte. Eine Veranstaltung, bei der vom Lehrplan vorgeschriebene Inhalte vermittelt werden sollen, kann nicht stattfinden. … Die Kampagne gegen den Gender-Tag in Stäfa kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie fügt sich in eine weltweit zu beobachtende rechte Erzählung. Wladimir Putin, Viktor Orbán und Donald Trump: Sie alle inszenieren sich als Vorkämpfer für die angeblich bedrohten, traditionellen Familienwerte. … Die Rücksichtnahme auf Minderheiten ist Teil der DNA der Schweiz mit ihren vielen Sprachen und Konfessionen. Der Versuch der SVP, den rechten Kulturkampf aus den USA zu importieren, ist unschweizerisch.“
Gehässige Töne schaden der Sache
Bei diesem Debattenniveau mag man nicht mehr zuhören, zeigt sich der Tages-Anzeiger genervt:
„Es dominieren die Pole, die Lauten, die Aggressiven, jene, die 'Gender-Gaga' schreien, wenn das herkömmliche Rollenmodell hinterfragt wird – und die anderen, die 'Nazi' brüllen und es 'transphob' finden, wenn jemand darüber nachdenkt, ob es klug ist, Teenagern Pubertätsblocker zu verabreichen. Das Gekreisch macht müde. Es nervt. Und es widert einen je länger, je mehr an. Besonders bitter daran ist, dass beide Seiten der Sache, für die sie angeblich so brennen, einen Bärendienst erweisen. … Die Politiker und Aktivistinnen könnten das Schreien sein lassen. Man hörte ihnen nicht nur aufmerksamer zu. Womöglich würde sich auch herausstellen, dass alles weniger schlimm ist als gedacht.“