Welche Bedeutung hat der G7-Gipfel?
Die G7-Staaten haben am heutigen Freitag im japanischen Hiroshima ihr Gipfeltreffen begonnen. Neben Krieg und Klima wird dort wohl vor allem das Verhältnis zu China auf der Tagesordnung stehen. Die Einigkeit der G7 und ihre Strahlkraft in die Welt sind für Kommentatoren jedoch alles andere als gegeben.
Peking bloß nicht verärgern
Ob Washington die G7-Staaten gegen China auf seine Seite ziehen kann, ist für Corriere della Sera äußerst fraglich:
„Das Weiße Haus hat in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass es keinen neuen Kalten Krieg mit China will. Doch aus US-Sicht hängt die Frage, wie weit man bei gemeinsamen Interessen zusammenarbeiten kann, auch von der Entschlossenheit der Verbündeten ab, den USA bei der Abwehr chinesischer Aggressionen zur Seite stehen. … Eines der Themen ist die 'wirtschaftliche Nötigung' (der politische Einsatz von Einschüchterung und Vergeltungsmaßnahmen durch Handel und Investitionen) durch Peking. Gemeinsame Besorgnis führt jedoch nicht automatisch zu Einigkeit darüber, wie Bedrohungen der wirtschaftlichen Sicherheit und der globalen Versorgungsketten begegnet werden kann, ohne einen wichtigen Handelspartner wie China zu verärgern.“
Mehr Unterstützung für den globalen Süden
Russlands Krieg gegen die Ukraine verstärkt die globale Blockbildung, kommentiert Gazeta Wyborcza:
„Unter Ausnutzung des Kriegs in der Ukraine beschleunigt Xi Jinping den Aufbau eines antiwestlichen Blocks unter chinesischer Führung. Moskau ist sein Partner in diesem Projekt, aber er wird auch vom globalen Süden, dem Rest Asiens, Afrikas und Lateinamerikas unterstützt, wo der Krieg in der Ukraine Vorurteile gegen die USA und die ehemaligen Kolonialherren wachgerufen hat. Japan will seinen Rückstand aufholen und dem Süden mehr medizinische und Nahrungsmittelhilfe sowie den Bau von Infrastrukturen anbieten. Es wird allerdings nur schwer den Rückstand gegenüber China aufholen können, das dies bereits seit Jahren tut.“
Klub der Selbstgerechten
Das Handelsblatt weist darauf hin, dass die sieben größten Industriestaaten mittlerweile nur noch knapp 30 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung repräsentieren:
„[Sie] sind längst nicht mehr die unangefochtene Weltmacht und schon gar nicht das Maß aller Dinge. So mutet das jetzige G7-Treffen in Hiroshima eher als Akt der Selbstvergewisserung des Westens an - ausgerechnet an jenem symbolträchtigen Ort, wo die westliche Führungsmacht USA ein abscheuliches Kriegsverbrechen beging. Jener Rest der G20-Länder, die etwas abfällig Schwellenländer genannt werden, aber inzwischen für die Hälfte des Welt-BIP stehen, beäugt dies mit Skepsis - nicht zuletzt deshalb, weil aus westlicher Selbstvergewisserung immer auch ein Stück westliche Selbstgerechtigkeit erwuchs.“
Mit dem Roten Knopf in den Friedenspark
Die Teilnehmer des Gipfels werden auch den Friedenspark in Hiroshima besuchen und dort der Opfer des Atombombenabwurfs von 1945 gedenken. Für Japan-Korrespondent Wassili Golownin hat dies eine aberwitzige Komponente, wie er in einem von Echo übernommenen Telegram-Post schreibt:
„Joe Biden folgt ein Adjutant mit dem Lederkoffer, der den berüchtigten 'Atomknopf' enthält. Er begleitet den US-Präsidenten auf Schritt und Tritt. ... Im Friedenspark wird Biden also in bester Kriegsbereitschaft sein. ... Der Besuch des Friedensparks wird zudem einzigartig: Denn neben Biden werden auch die Führer zweier anderer Atommächte - der britische Premier Rishi Sunak und der französische Präsident Emmanuel Macron - anwesend sein. Ob sie auch Atomkoffer mitschleppen? Oder verlassen sie sich dabei auf die Amerikaner?“