Frankreich zieht Truppen aus Niger ab
Zwei Monate nach dem Militärputsch im Niger hat der französische Präsident Macron angekündigt, die noch rund 1.500 dort stationierten Soldaten bis Jahresende komplett aus dem westafrikanischen Land abzuziehen und den Botschafter auszufliegen. Die Militärjunta in Niamey sperrte unterdessen den Luftraum für französische Flugzeuge. Europas Presse zieht eine ernüchternde Bilanz.
Keine andere Wahl
Der Abzug war unter den aktuellen Umständen unvermeidlich, glaubt The Economist:
„Zum Teil ist dies der pragmatischen Erkenntnis geschuldet, dass die Junta nicht nachgeben wird und dass die Länder der Region – trotz anderslautender Drohungen – kaum versuchen dürften, die Junta von der Macht zu verdrängen. Die Entscheidung ist auch ein Zeichen der widerwilligen und schmerzhaften Erkenntnis in Paris, dass Frankreichs Einfluss auf dem Kontinent einen schweren Schlag erlitten hat. In den Augen jüngerer Nigrer wird Frankreich – auch dank einer effektiven russischen Desinformationskampagne – heute als Problem und nicht als Lösung angesehen. ... Wären seine Truppen und Diplomaten gegen die Aufforderungen der Junta geblieben, hätte dies zu unangenehmen Konfrontationen führen können.“
Der Westen auf dem Rückzug
In ihrem Leitartikel sieht Le Monde eine Tendenz bestätigt:
„Zwei Jahre nach dem Abzug der Amerikaner aus Afghanistan ist eine weitere westliche Macht gezwungen, ihre Soldaten aus einem Land zurückzuholen, in dem sie engagiert war. Frankreich beendet sein Engagement in Niger, wo es glaubte, ein Refugium für seine bereits aus Mali verjagten Truppen gefunden zu haben. Schwacher Trost: Paris hofft, den Abzug geordnet durchzuführen als Kontrast zur desaströsen Evakuierung 2021 aus Kabul. Ob geordnet oder chaotisch und egal von welcher Größenordnung, die Botschaft solcher Rückzüge bleibt die gleiche: die eines Niedergangs der westlichen Macht.“
Anziehungskraft der Demokratie hat gelitten
Frankreich muss sich unbequeme Fragen stellen, meint Avvenire:
„Frankreich, das die Dschihadisten von Al-Qaida und dem Islamischen Staat bekämpfen sollte, wurde durch vom Volk unterstützte Militärputsche aus der Sahelzone verdrängt. Und es ist nicht nur die Schuld russischer Trolle, dass die Wagner-Söldner die Franzosen ablösen und die westlichen Migrationsrouten in die Hände des Kremls legen. ... Zudem hat die neokoloniale Ausbeutung von Ressourcen, wie die Uranminen in Niger, der Bevölkerung keinen Nutzen gebracht. … Auch sie erklärt zum Teil die abnehmende Popularität des Konzepts der Demokratie in den französischsprachigen Ländern.“