Italien will Migranten-Zentren in Albanien errichten
Italiens Premierministerin Giorgia Meloni und ihr albanischer Amtskollege Edi Rama haben ein Abkommen geschlossen, das die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge verringern soll. In Albanien sollen zwei von Italien verwaltete Aufnahmezentren für bis zu 3.000 Migranten entstehen, die aus dem Meer gerettet werden. Flüchtlinge, die über den Landweg kommen, sollen nicht dorthin. Kommentatoren beleuchten Motive für den Pakt.
Reine Effekthascherei
Die Umsetzung von Melonis Plan ist alles andere als sicher, urteilt La Stampa:
„Nun wird jeder sagen, dass Meloni vom britischen Premier Sunak inspiriert wurde, der die Einwanderer gerne nach Ruanda schicken würde. Ein Wunschdenken, denn bei der praktischen Umsetzung seines Vorhabens stößt Sunak auf eine Reihe von Schwierigkeiten, angefangen bei den Einsprüchen, die bei der Justiz eingelegt werden. ... Etwas Ähnliches könnte auch Meloni widerfahren. Aber die italienische Premierministerin musste nach dem Scheitern des Abkommens mit Tunesien unbedingt das Einwanderungsthema wieder aufgreifen und eine Lösung finden. ... Ein auf Effekt haschender Schlag, auf den nun eine genauere Spezifizierung der bisher nur skizzierten Projekte und des Zeitrahmens folgen soll.“
Ein Pakt zur Abschreckung
Avvenire findet die Begründung des Abkommens paradox:
„Der Meloni-Rama-Pakt hat einen postkolonialen Unterton, wie das britische Abkommen mit Ruanda, von dem er inspiriert zu sein scheint: Ein Land der 'Ersten Welt', das über starke politische und wirtschaftliche Ressourcen verfügt, wälzt die Last der Aufnahme unwillkommener Migranten auf seinem Territorium auf ein weniger glückliches und bedürftigeres Land ab. Paradoxerweise stellt man sich vor, dass Länder mit weniger Ressourcen und schwächeren Institutionen die Flüchtlinge würdig aufnehmen, die von uns als Problem angesehen werden. ... Und die Regierung hat nicht gezögert, von einer Maßnahme zu sprechen, die darauf abzielt, diejenigen abzuschrecken, die sie ostentativ als illegale Einwanderer definiert.“
Albanien macht das nicht gratis
Albaniens Premier Edi Rama hat zwar erklärt, dass er nicht aus finanziellen Gründen zugesagt habe - er kann aber auf andere positive Effekte setzen, meint Corriere della Sera:
„Rama hat viel durch dieses Abkommen zu gewinnen, sowohl in Bezug auf das Image als auch auf die Außen- und Wirtschaftspolitik. Italien ist der wichtigste Handelspartner Tiranas, dessen Geschäfte mit unseren Unternehmen zwanzig Prozent seines BIP ausmachen. Es geht um Arbeitsplätze, bezahlte Dienstleistungen, Investitionen in Infrastruktur und Energie. Und es geht darum, dass Meloni, die an der Spitze eines G7-Landes mit einer stabilen Regierung steht, Berichten zufolge die Minister aufgefordert hat, sich auf allen Ebenen für eine Beschleunigung des EU-Beitritts Albaniens einzusetzen.“