Gleichgeschlechtliche Ehe: Rumänien ignoriert EGMR
Im Mai urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Rumänien gleichgeschlechtliche Ehen oder zumindest eine eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle erlauben muss. Bis März 2024 hat Bukarest Zeit, entsprechende Maßnahmen vorzustellen. Doch die Regierung verweist darauf, dass die rumänische Bevölkerung gleichgeschlechtliche Ehen ablehne, und will der Sache keine Priorität einräumen.
Was nicht verboten ist, ist erlaubt
Die Verfassung steht einer Änderung nicht im Weg, betont der rumänische Dienst der Deutschen Welle:
„In Artikel 48.1 heißt es: 'Die Familie gründet sich auf die frei geschlossene Ehe zwischen den Ehegatten, auf ihre Gleichheit und auf das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Erziehung, Bildung und Ausbildung ihrer Kinder zu sorgen.' Die Verfassung verbietet gleichgeschlechtlichen Personen weder die Ehe, sie lässt LGBT-Paaren sogar die Freiheit, Kinder zu adoptieren. Es ist eine Binsenweisheit, dass eine Sache, die nicht verboten, erlaubt ist. Wenn wir bei Artikel 48 nicht erkennen, dass er sich sowohl auf Heterosexuelle wie auf Homosexuelle bezieht, bleiben wir in einer Vorstellung gefangen, die keine Vielfalt akzeptiert.“
Sanktionen leider unwahrscheinlich
Spotmedia befürchtet, dass Rumänien mit seiner Haltung durchkommt:
„Juristisch dürfte so schnell nichts passieren. Bei Nichteinhaltung des EGMR-Urteils wird Rumänien unter die Aufsicht des Ministerkomitees [des Europarats] gestellt, das Feststellungen und Verwarnungen aussprechen wird - das war es dann aber auch schon. Immerhin: Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention ermöglicht die nukleare Option, dass der Ministerrat den widerspenstigen Staat verklagen kann: Es kann zum Entzug der Stimmrechte kommen und sogar zum Ausschluss aus dem Europarat. Aber das ist ein langer Weg. Selbst Staaten wie die Türkei, die deutlich schwerwiegendere Verletzungen begangen haben, sind noch nicht so sanktioniert worden.“